Nürnberg (epd). Der Jenaer Soziologe Hartmut Rosa hat vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Spaltungen für eine neue politische Kultur geworben. Im Streit etwa um die Corona-Impfung, Waffenlieferungen oder Gender-Themen beobachte er eine demokratieschädliche Polarisierung, sagte Rosa am Freitag bei einem Kirchentagspodium in Nürnberg. Andersdenkende würden zunehmend als Idioten, Verräter oder nicht zurechnungsfähig wahrgenommen. „Wir müssen die politische Kultur ändern. Wir brauchen einen neuen Wir-Sinn“, forderte der Wissenschaftler von der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Der netzpolitische Aktivist Markus Beckedahl beklagte bei dem Gespräch zum Thema „Wir müssen die Demokratie umbauen“, dass viele öffentliche Beteiligungsformate etwa von der Bundesregierung eher einer „Beteiligungssimulation“ gleichkämen. Oft werde dabei nicht eigentlich zugehört. „Das ist gefährlich, weil es dazu führt, dass Menschen schneller frustriert sind, als wenn sie sich gar nicht beteiligen“, warnte Beckedahl.
Die Jugendbildungsexpertin Annika Gramoll von der Evangelischen Trägergruppe für gesellschaftspolitische Jugendbildung in Berlin betonte, dass auch junge Menschen Räume bräuchten, um solchen Austausch zu lernen. Dem stehe entgegen, dass in der Öffentlichkeit politische Ränder schnell als extrem dargestellt würden.