Nürnberg (epd). Eine Abtretung ukrainischer Gebiete an Russland könnte nach den Worten des Politologen Herfried Münkler dramatische Konsequenzen für ganz Europa haben. „Der Wunsch nach schnellem Frieden könnte ein Türöffner sein für viele weitere Kriege“, sagte Münkler am Donnerstag auf dem Hauptpodium des 38. Deutschen Evangelischen Kirchentags in Nürnberg.
In der ost- und südosteuropäischen Region gebe es neben Russland viele revisionistische Mächte, erklärte Münkler. Der Politologe nannte in diesem Zusammenhang die Türkei, Serbien und Ungarn, die Neigungen zeigten, ihre bestehenden Grenzen nicht länger zu akzeptieren. „Wird durch die Einwilligung in eine Grenzverschiebung in der Ukraine eine Tür geöffnet, ist damit zu rechnen, dass viele andere durch diese Tür hindurch wollen“, sagte er
Wer Verhandlungen im Ukrainekrieg fordert, übersieht nach den Worten des Politologen oft, dass diese Verhandlungen den Krieg ohnehin nicht sofort stoppen würden. Der Krieg sei ein Erschöpfungskrieg, sagte er: „Im Unterschied zu Niederwerfungskriegen ist es ist das Wesen von Erschöpfungskriegen, dass sie lange dauern und Verhandlungen nicht das Ende der Kampfhandlungen bedeuten.“
Verhandlungen seien in solchen Kriegen oft nur eine Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln, erläuterte Münkler. Russland spekuliere darauf, dass sein militärisches Potenzial länger reiche als die westliche Unterstützung für die Ukraine.