Berlin, Dortmund (epd). Die Pläne von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), in Brasilien vermehrt Pflegefachkräfte anzuwerben, stoßen bei Experten auf Kritik. Der Ansatz verkenne die Realität, erklärte die Deutsche Stiftung Patientenschutz. Mit der Anwerbung von Personal sei es nicht getan, auch die Integration der neuen Mitarbeitenden müsse besser gestaltet werden, bemängelte am Dienstag die Ruhrgebietskonferenz Pflege in Dortmund.
Heil war gemeinsam mit Außenministerin Annalena Barbock (Grüne) nach Brasilien gereist, um die Partnerschaft zur Gewinnung von gut ausgebildeten Fachkräften auszubauen. Er unterzeichnete laut Ministerium mit seinem Amtskollegen Luiz Marinho eine gemeinsame Absichtserklärung für „faire Einwanderung“. Derzeit würden in dem südamerikansichen Land vermehrt Möglichkeiten geschaffen, zukünftige Pflegende besonders für den deutschen Arbeitsmarkt auszubilden. Nun sollen die zuständigen Behörden ihre Zusammenarbeit intensivieren.
„Seit Jahrzehnten fliegen Bundesminister um die Welt und wecken überall große Erwartungen, die in der Realität platzen“, kritisierte Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz in Dortmund. „2022 konnten nur 656 Pflegekräfte außerhalb der EU gewonnen werden. Davon kamen 34 professionell Pflegende aus Brasilien.“ Diese Fakten seien sehr ernüchternd.
Das Dilemma der Personalnot müsse in Deutschland gelöst werden, erklärte Brysch. Auch würden die beiden Minister die Herausforderungen für viele ausländische Pflegekräfte bei der Integration in den deutschen Arbeitsmarkt verkennen. Denn oft litten im Ausland angeworbene Mitarbeiter an drastisch eingeschränkten Kompetenzen des Berufsstandes im Vergleich zu ihrem Heimatland. „Auch hier ändert sich in Deutschland nichts“, rügte Brysch.
Die Ruhrgebietskonferenz Pflege stellte die Frage, wie es um die Erfolge solcher Initiativen stehe. „Wir müssen uns ehrlich machen und eine offene Diskussion über die Grenzen und Hindernisse der Integration führen. Der Transfer ausländischer Arbeitskräfte wird den Personalmangel in der Langzeitpflege nicht alleine beheben. Er kann aber Teil der Lösung sein“, sagte Ulrich Christofczik, Vorstand vom Christophoruswerk und Geschäftsführer der Evangelischen Altenhilfe Duisburg.
Um auf Dauer einen fortlaufenden Zufluss von dringend benötigten Arbeitskräften aus dem Ausland zu gewährleisten, würden professionelle und tragfähige Unterstützungsstrukturen innerhalb und außerhalb der Einrichtungen und Dienste gebraucht.