Berlin (epd). Der katholische Kinderschutz-Experte Hans Zollner fordert eine Verankerung des Schutzes von Minderjährigen in Lehrplänen und Ausbildung. „Dringend notwendig ist, dass für alle Ausbildungs- und Studiengänge, in denen es um die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen geht, das Pflichtfach Kinderschutz eingeführt wird“, sagte Zollner der „wochentaz“ (Samstag). Dies sei bis heute weder im Lehramtsstudium noch in der Psychologie, der Medizin oder der Sozialarbeit der Fall. „Ich finde das unglaublich“, sagte Zollner.
Bundespolitisch müsse die Stelle der Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung gegen sexuellen Missbrauch verstärkt werden, erklärte Zollner weiter. Auch auf Landesebene brauche es Anlaufstellen für Betroffene, wie sie jetzt im Saarland geschaffen worden sei.
Inmitten der Debatte um Missbrauchsskandale in der Kirche verwies Zollner auch darauf, dass große Gefährdungszonen mehr Aufmerksamkeit brauchten: So sei Onlinemissbrauch nur sehr sporadisch im Blickpunkt, sagte er. „Und das ist meines Erachtens der größte Risikofaktor für Kinder und Jugendliche heute.“ Nach wie vor geschehe der größte Anteil von sexueller Gewalt nach Erklärung von Expertinnen und Experten aber im Familienkontext. Und zuletzt habe man auch Missbrauch in Sportvereinen und anderen Vereinen verstärkt mitbekommen.
Der gebürtige Regensburger Zollner ist Jesuitenpater und Psychologe und gilt als einer der führenden Missbrauchs-Experten in der katholischen Kirche. 2014 war er Gründungsmitglied der Päpstlichen Kommission für den Schutz von Minderjährigen. Im März zog er sich daraus zurück. Er begründete seinen Rücktritt mit strukturellen Problemen bei der Kommission.