Siegen, Mannheim (epd). Deutschland schneidet nicht gut ab, wenn es um die Koordinierung von Gesundheitsversorgung und Pflege geht. Das haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Uni Siegen und des Mannheimer Zentrums für europäische Sozialforschung herausgefunden. Für ihre Studie haben sie die Situation in Deutschland, Schweden, den Niederlanden und der Schweiz verglichen, wie die Universität Siegen am Montag mitteilte. „Deutschland kommt dabei am schlechtesten weg - es fehlt an funktionierenden Strukturen, qualifiziertem Personal und klaren Zuständigkeiten“, schreiben die Autoren.
Die Forscher führen in ihrer Studie ein Beispiel aus dem Alltag an: Eine Seniorin erleidet einen Oberschenkelhalsbruch. Nach der stationären Behandlung im Krankenhaus möchte sie gerne weiter selbstständig in der eigenen Wohnung leben. Dazu benötigt sie professionelle Hilfe und muss ihr Alltagsleben neu organisieren. „In keinem der drei Vergleichsländer sind Patienten und ihre Familien so sehr auf sich gestellt wie in Deutschland“, kritisieren die Wissenschaftler. Die Hilfe der entlassenen Krankenhäuser reiche nicht, sagte der Siegener Gesundheitssoziologe und Leiter der Studie, Claus Wendt. Er nannte daher „das deutsche System für alle Beteiligten eine Zumutung“.
In den Niederlanden und in Schweden gebe es dagegen "ein klares Hausarzt-System. Das heißt: Jeder Patient und jede Patientin ist dort in die Liste eines Hausarztes oder einer Hausärztin eingetragen. Die Ärzte sind für die Einweisung ins Krankenhaus zuständig - und werden informiert, sobald die Entlassung ansteht. Sie seien eng in die Organisation der notwendigen Pflegeleistungen eingebunden, berichtete Wendt.
Neben den Hausärztinnen und -ärzten seien in anderen Ländern auch die Kommunen in die Koordination von Pflegeleistungen beteiligt. So unterstützten in der Schweiz die Kommunen ältere Menschen darin, Pflegeleistungen und Dienste wie Einkäufe, Essen auf Rädern oder Behördengänge zu organisieren.