Forscher sieht Chance für Aufarbeitung des Bürgerkriegs in Kolumbien

Forscher sieht Chance für Aufarbeitung des Bürgerkriegs in Kolumbien
21.05.2023
epd
epd-Gespräch: Sara Meyer

Bogotá (epd). Die Aussage des früheren kolumbianischen Milizenchefs Salvatore Mancuso vor der Sonderjustiz sind nach Einschätzung des Konfliktforschers Diego Alejandro Restrepo wichtig für die Aufarbeitung der Gewalt während des Bürgerkriegs. Zum ersten Mal beschäftige man sich mit der Aufarbeitung der paramilitärischen Geschichte, sagte der Soziologe der kolumbianischen Stiftung Pares dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Die Gesellschaft habe durch die Aussage mehr Details dazu erfahren, wie der „Staatsapparat mit in das paramilitärische Projekt involviert war“, sagte Restrepo. Auch staatliche Medien hätten nur eine Seite der Geschichte gezeigt. Die Verwicklungen des nationalen Viehzüchterverbandes in die Gewalt sei beispielsweise etwas Neues gewesen.

Mancuso hatte vergangene Woche per Videoschalte vom Gefängnis im US-Bundesstaat Georgia ausgesagt. Die Sonderjustiz soll in Kolumbien die Verbrechen des Bürgerkriegs zwischen Guerillagruppen, paramilitärischen Todesschwadronen und dem Staat aufarbeiten. Mancuso, der in den USA eine 15-jährige Haftstrafe wegen Drogenhandels absitzt, befehligte die „Vereinigten Selbstverteidigungsgruppen Kolumbiens“ (AUC). Vor der Sonderjustiz hatte er unter anderem über die Zusammenarbeit zwischen Paramilitärs und Polizei sowie Militär berichtet.

Die Justiz sei nun mit der Aufgabe konfrontiert, die neu gewonnen Angaben zu überprüfen, sagte der Konfliktforscher Restrepo. Dies sei kompliziert, weil der ehemalige Kommandant keine Beweise vorgelegt habe. Vor allem den Anschuldigungen gegen den ehemaligen Vizepräsidenten Francisco Santos (2002 bis 2010), die Gründung der paramilitärischen Gruppe Mancusos teilweise gefördert zu haben, müsse nachgegangen werden.

Grundsätzlich seien die Bedingungen in Kolumbien derzeit gut, um die Wahrheit zu erzählen, sagte Restrepo. Allerdings seien die Umstände immer noch nicht „ganz ideal“, weil die Gewalt in vielen Regionen andauere. Die neue Regierung unter dem Präsidenten und Ex-Guerillero Gustavo Petro hat sich zum Ziel gesetzt, das südamerikanische Land zu befrieden. Auch nach dem Friedensvertrag mit den Farc und der Demobilisierung Tausender Paramilitärs im Jahr 2004 kommt es in Kolumbien immer wieder zu Gewalt. Bei dem Konflikt zwischen Regierung, mehreren Guerillagruppen, paramilitärischen Milizen und Drogenkartellen wurden seit den 1960er Jahren etwa 300.000 Menschen getötet.