Politiker Dahmen: Unnötige Notfallanrufe nicht Patienten anlasten

Politiker Dahmen: Unnötige Notfallanrufe nicht Patienten anlasten
16.05.2023
epd
epd-Gespräch: Nils Sandrisser

Berlin (epd). Janosch Dahmen, Sprecher für Gesundheitspolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, hält nicht viel davon, die Patienten für die enormen Steigerungen der Einsatzzahlen im Rettungsdienst verantwortlich zu machen. „Man darf einem Menschen nicht absprechen, dass er anruft und einen Rettungswagen haben will, wenn er glaubt, dass er einen benötigt“, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Ein akutes medizinisches Problem, ein Gefühl von Hilflosigkeit und Not, das ist zunächst immer ein subjektives Erleben der betroffenen Menschen selbst.“

Auf Basis erster Zahlen bezweifelte Dahmen, dass Menschen heutzutage vermehrt wegen Bagatellen den Rettungsdienst riefen. „Diese gefühlte Wahrheit lässt sich mit Zahlen nicht erhärten“, erklärte der Grünen-Gesundheitspolitiker, „vielmehr sind die Einsatzzahlen aller Dringlichkeitsstufen gleichermaßen angestiegen.“

Eine Aufklärungskampagne mit dem Ziel, dass Menschen seltener die 112 anriefen, dürfte zudem unerwünschte Nebeneffekte haben, warnte der frühere Ärztliche Leiter Rettungsdienst in Berlin: „Man muss dann befürchten, dass dann vielleicht die ältere Dame mit dem wirklich ernsten medizinischen Problem keine Hilfe in Anspruch nimmt, weil sie Angst hat, anderen zur Last zu fallen, und andere Menschen durch eine Kampagne überhaupt erst auf die Idee kommen, die 112 anzurufen.“ Die Effekte von Kampagnen seien ohnehin in der Regel nur kurzzeitig und überschätzt.

Dahmen identifizierte den strukturellen Mangel in so gut wie allen Bereichen des Gesundheitswesens als eigentliche, grundlegende Ursache der enormen Steigerung der Einsatzzahlen im Rettungsdienst in den vergangenen Jahren. Der Fachkräftemangel in Pflegeeinrichtungen etwa führe zu mehr Infektionen, der Hausärztemangel dazu, dass sich zunächst leichte medizinische Probleme verschlimmerten.