Bonn, Warschau (epd). Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat eine Bildungsoffensive gegen ein erneutes Erstarken des Antisemitismus in Deutschland gefordert. „Es gibt einen antisemitischen Bodensatz in Deutschland, der offensichtlich zahlenmäßig zwar nicht größer wird, aber das, was man sich getraut zu tun, zu sagen, das nimmt zu“, sagte Schuster am Mittwoch dem Fernsehsender Phoenix aus Anlass des 80. Jahrestages des Aufstands im Warschauer Ghetto. Schuster nahm an der Gedenkfeier in der polnischen Hauptstadt teil.
„Es ist eine Enthemmung, die wir beobachten. Hier gibt es nur eine Lösung: Bildung, Bildung, Bildung. Diese Bildung muss im Kleinkindalter beginnen und sich über die Schulzeit erstrecken“, fügte Schuster hinzu. Niemand dürfe sagen: „Schon wieder dieses Thema“. Es sei wichtig, „mit entsprechender Empathie Kinder und Jugendliche hier von vorneherein immun zu machen“, plädierte der Zentralratspräsident weiter.
Nach den Geschehnissen vor 80 Jahren, nach den Geschehnissen des Nationalsozialismus hätte man Schuster zufolge meinen können, dass die Menschheit gelernt hat. Gedenktage wie der zum Aufstand im Warschauer Ghetto seien wichtig, um auf einen Teil der Geschichte des Nationalsozialismus hinzuweisen, der im nichtjüdischen Umfeld sonst leicht in Vergessenheit gerate. „Lernen können wir heute daraus, dass es darum geht, sich rechtzeitig zu erheben, Widerworte zu geben und vor allen Dingen, Zivilcourage zu zeigen und sich nicht einschüchtern zu lassen“, sagte Schuster.