Luxemburg (epd). Wird eine Person aufgrund eines Europäischen Haftbefehls gesucht, kann ihre Auslieferung laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ausgesetzt werden, wenn eine ernsthafte Gefahr für ihre Gesundheit besteht. Das entschieden die Luxemburger Richter am Dienstag im Fall eines Mannes mit schwerer psychiatrischer Erkrankung und erhöhtem Selbsttötungsrisiko.
Ein kroatisches Gericht hatte 2019 einen Europäischen Haftbefehl gegen den Mann ausgestellt, der sich in Italien aufhält. Der für die Vollstreckung des Haftbefehls zuständige Berufungsgerichtshof Mailand stellte aufgrund eines psychiatrischen Gutachtens eine Psychose fest sowie eine erhebliche Suizidgefahr im Falle einer Unterbringung in einer Haftanstalt. Das italienische Verfassungsgericht rief daraufhin den EuGH um Auslegung des Unionsrechts an.
In ihrem Urteil entschieden die Luxemburger Richter, dass die Übergabe ausgesetzt werden könne, wenn diese eine Gefährdung für die Gesundheit des Betroffenen darstelle. Bestehe die ernsthafte Gefahr einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung oder einer ernsten und unumkehrbaren Verschlechterung des Gesundheitszustands, sei die Aussetzung der Übergabe dagegen verpflichtend. In diesem Fall müsste sich die Justizbehörde umfassend über die Strafverfolgung und die Inhaftierung im anderen EU-Staat informieren. Könne die Gefahr durch die dortigen Justizbehörden abgewandt werden, sei der Europäische Haftbefehl zu vollstrecken.