Um es gleich vorwegzunehmen: Das Duell "Banker gegen Revoluzzer" blieb ohne eindeutigen Sieger. Das lag zum Einen daran, dass Ex-Deutsche-Bank-Vorstandschef Josef Ackermann und der Alt-Sponti-Grüne Daniel Cohn-Bendit in vielen Dingen näher beieinander waren, als es auf den ersten Blick erwartbar schien. Vor allen Dingen aber war es der Tatsache geschuldet, dass die Frontlinie eigentlich anders verlief: Richtiger hätte die Sendung heißen müssen: Banker und Revoluzzer gegen Günther Jauch. Letzterer nämlich glänzte vor allen Dingen eher als Verhinderer von Kontroversen und einem tieferen Einstieg in die Thematik.
Josef Ackermann. Foto: dpa/Boris Roessler
Das zeigte sich schon bei der Einleitung, in der Jauch als Erstes zugab, dass die einfachen Zuschreibungen 'Banker' und 'Revoluzzer' absichtlich gewählt wurden, um die Gegensätzlichkeit zu betonen. Dann ging es in eine Schnellfragerunde, in der beide Diskutanten nur mit "Ja" oder "Nein" antworten durften. Dabei zeigten sich durchaus gegensätzliche Positionen – die wurden aber nach den anschließenden Kurzbiografien per Einspielfilm überwiegend nicht mehr aufgegriffen.
Und dann brachte Günther Jauch auch noch einen dritten Diskutanten ins Spiel, der zwar gar nicht anwesend war, aber alles überschattete: Peer Steinbrück mit seinem Papier zur Banken-Regulierung. Immer wieder wurde der als Kronzeuge herangezogen, ein eigener Einspieler legte seine Thesen dar, er war geradezu allgegenwärtig. Der Wahlkampf hat begonnen.
Das Thema Europa hätte spannend werden können
Im Prinzip verlief die Diskussion dann eigentlich wie folgt: Cohn-Bendit führte einen Angriff - gerne mal mit einer Prise populistischer Argumentation gewürzt - auf das Bankenwesen und insbesondere die Investmentbanker als Verursacher und Hauptschuldige der diversen Krisen ("In den 70er Jahren gab es hier in Berlin diesen Spruch 'legal, illegal – scheißegal'. Irgendwo habe ich den Eindruck, dass die Banken alles, was nicht verboten war, als legal angesehen haben."). Ackermann gab dann regelmäßig zu, dass das Markttreiben im Investmentsektor und beim Bankenwesen mehr reguliert werden müsse ("Da hat es schon Exzesse gegeben…"), was er im Übrigen schon immer gefordert habe und was ja nun in Folge der Finanzkrise auch passiert wäre – aber bitte nicht zu sehr, weil sonst der Standort gefährdet wäre ("Das Geld wandert ab…").
Daniel Cohn-Bendit. Foto: dpa/Ian Langsdon
Dieses Muster wiederholte sich nun bei fast allen Themenansätzen, so zum Beispiel beim Thema 'Managerbezüge'. Cohn-Bendit findet sie selbstverständlich unmoralisch ("Kein Mensch macht eine Arbeit, die 350 mal soviel wert ist, wie die einer Krankenschwester!"), Ackermann gibt zu, dass das schwierig ist ("Da hat es schon Exzesse gegeben…"), findet, dass man die Gutverdiener am Risiko beteiligen sollte, Regulierung aber würde natürlich den Standort gefährden ("Die Talente wandern ab…").
In die Tiefe hätte es dann schließlich gehen können, als man auf Europa zu sprechen kam. Welche Rolle soll die Politik spielen? Wieviel Zeit brauchen Länder wie Griechenland und Spanien – und wieviel Druck? Hier zeigt sich seltene Einigkeit: Der Banker lobt den Einfluss der Politik, der Revoluzzer glaubt auch, dass darauf geachtet werden muss, dass die Schuldenländer 'effizienter' werden, nur eben mit etwas mehr "Luft zum Atmen". Ein echter Gegensatz zwischen einem 'neoliberalen Banker' und einem 'antikapitalistischen Revoluzzer' ist da nun wirklich nicht auszumachen. Bevor aber in tiefere Schichten der Diskussion um das Verständnis einer gesamteuropäischen Wirtschafts- und Finanzpolitik vorgedrungen werden kann, schießt Moderator Jauch mit der Frage "Ist Angela Merkel nun an der Macht oder nur an der Regierung?" dazwischen.
Ungläubiges Staunen beim Publikum
Und während der sich noch diebisch über seine einigermaßen gelungene Spitzfindigkeit freut, haben die beiden Diskutanten dann doch noch einen echten Gegensatz gefunden: Wo Cohn-Bendit nämlich die Sorge Europas vor einer deutschen Hegemonie formuliert, verteidigt Ackermann die Führungsrolle Deutschlands ("Heute gibt es nur eine Nation in Europa, die in der Lage ist, hier zu helfen"). Jetzt hätte es richtig spannend werden können, wenn… ja, wenn nicht der Moderator den Debattierenden ins Wort gefallen wäre mit dem Satz: "Herr Ackermann, Sie wollten ja mal in die Politik. Was hindert sie denn jetzt, das noch anzugehen?"
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Der Angesprochene ist ehrlich überrascht, das Publikum reagiert mit ungläubigem Staunen und fragt sich, wie auf diese Weise eine Diskussion stattfinden soll, vom Ausloten weitergehender Ansätze zur Eurokrise jedweder Art ohnehin ganz abgesehen. Und der müde Sonntagabend-Fernsehzuschauer kann Daniel Cohn-Bendit nur achselzuckend beipflichten, als dieser irgendwann in Richtung Jauch konstatiert: "Sie sind der Chef…!"