Nabu warnt vor schleichender Vergiftung des Meeres durch Altmunition

Nabu warnt vor schleichender Vergiftung des Meeres durch Altmunition
16.03.2023
epd
epd-Gespräch: Phillipp Steiner

Berlin (epd). Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) hat vor einer „schleichenden, chronischen Vergiftung des Lebensraumes Meer“ durch verrottende Munition gewarnt. Diese Vergiftung könne am Ende auch den Menschen treffen, sagte der Leiter Meeresschutz des Nabu, Kim Detloff, dem Evangelischen Pressedienst (epd). In der deutschen Nord- und Ostsee rosteten die Hüllen von Hunderttausenden Tonnen Munition allmählich durch. Damit gelangten Sprengstoffe wie TNT und RDX in die Umwelt, die krebserregend und erbgutverändernd seien. „Und so landen diese Gifte im schlimmsten Fall letztlich auf unseren Tellern, wenn wir Meeresfrüchte oder Fische konsumieren wollen.“

Daneben bestehe die Gefahr von Unfällen bei der Explosion konventioneller Munition oder dem Kontakt mit chemischen Kampfstoffen. Hier seien etwa Fischer gefährdet, die Munition versehentlich mit ihren Netzen an Bord hievten. „Das ist zum Glück die Ausnahme, aber es passiert“, sagte Detloff. Auch Touristen seien betroffen, wenn sie am Strand Phosphor aus Brandbomben mit Bernstein verwechselten und sich der Phosphor entzünde. „Da gab es schon ganz üble Verletzungen.“

Geräuschempfindliche Tiere wie Schweinswale kämen zu Schaden, wenn Munition im Meer geplant gesprengt werden, fügte der Biologe hinzu. Das sei etwa der Fall, wenn die Munition aus einer Hafeneinfahrt verschwinden müsse, aber eine Räumung zu gefährlich sei. „Wenn so eine Seemine mit 350 Kilogramm TNT detoniert, ist das die lauteste Punktschallquelle, die wir im Meer kennen. Im Umkreis bis zu vier Kilometern ist das tödlich für Schweinswale. Ernsthafte Verletzungen sind noch bis zehn Kilometer Entfernung zu erwarten.“ Allerdings könnten sogenannte Blasenschleier den Druck extrem verringern und seien inzwischen Stand der Technik, ergänzte Detloff.

Lange hätten Politiker das Problem der Munition im Meer geleugnet, kritisierte der Naturschützer. Denn sie hätten es gefürchtet, die „Generationenaufgabe“ Bergung anzugehen. Detloff lobte die 2022 vom Bundestag beschlossene Finanzierung des Pilotprojekts für eine mobile Bergungsplattform. Sie müsse schnell ausgeschrieben werden. „Es ist höchste Zeit, damit in dieser Legislatur der Ponton noch schwimmt.“