Antisemitismus-Beauftragter: Braunschweiger Entscheidung "absurd"

Antisemitismus-Beauftragter: Braunschweiger Entscheidung "absurd"
02.03.2023
epd
epd-Gespräch: Michael Grau (epd)

Braunschweig, Hannover (epd). Der neue niedersächsische Antisemitismus-Beauftragte Gerhard Wegner kann es nicht nachvollziehen, dass die Staatsanwaltschaft Braunschweig die Ermittlungen gegen einen Rechtsextremen wegen „Judenpresse“-Rufen eingestellt hat. „Da beschimpft einer Journalisten als 'Judenpack', und weil das keine Juden sind, soll es erlaubt ein - das ist absurd“, sagte der Theologe am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er wolle jetzt das Gespräch mit der Staatsanwaltschaft suchen.

Die Staatsanwaltschaft hatte im Februar ihre Ermittlungen wegen antisemitischer Volksverhetzung und Beleidigung gegen ein Mitglied der Partei „Die Rechte“ zum zweiten Mal eingestellt. Ausgangspunkt sind Rufe des Mannes am Rande einer Demonstration am Volkstrauertag 2020. Er soll Pressevertretern die Worte „Judenpresse“, „Judenpack“ und „Feuer und Benzin für euch“ entgegengerufen haben. Der Vorfall ist durch ein Video dokumentiert.

Die Staatsanwaltschaft argumentierte, die Rufe hätten sich nicht direkt gegen Juden gerichtet, sondern gegen Medienvertreter. Zwar erfüllten sie den Tatbestand der Beleidigung. Allerdings könnten nur die beleidigten Personen selbst innerhalb einer bestimmten Frist einen Strafantrag stellen. Dies sei nicht geschehen.

Wegner betonte: „Das verharmlost völlig die Funktionsweise von Antisemitismus.“ Judenhass breite sich oft beiläufig und nebenbei aus, sagte der evangelische Theologe. „Das ist seine besonders gefährliche Seite.“

Wegner hatte das Ehrenamt des Landesbeauftragten gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens in Niedersachsen Anfang Februar von seinem Vorgänger Franz Rainer Enste übernommen. Bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 2019 war er Direktor des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).