Berlin (epd). Am ersten Jahrestag des Beginns des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine haben die deutschen Staatsspitzen und große Teile der Gesellschaft ihre Solidarität mit der Ukraine ausgedrückt. Die Deutschen bewunderten den Mut, die Kraft und den Willen der Menschen in der Ukraine, sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei einer Gedenkveranstaltung, zu der er am Freitag gemeinsam mit dem ukrainischen Botschafter Oleksii Makeiev eingeladen hatte. Man stehe in Solidarität an der Seite der Ukraine, ergänzte er. Auch in Friedensgebeten und bei Demonstrationen wurde an das Leid der Ukrainerinnen und Ukrainer erinnert.
Bei seiner Rede im Schloss Bellevue betonte Steinmeier: „Deutschland ist nicht im Krieg, aber dieser Krieg geht uns an.“ Er verwies auf die deutsche Unterstützung der Ukraine, auch durch Waffen. Per Videobotschaft dankte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dafür. Die Waffen würden helfen, den Frieden wiederherzustellen, sagte er. Niemand werde mehr eine Aggression gegen eine andere Nation wagen, wenn er wisse, dass die freie Welt diese Nation verteidigen werde, sagte der ukrainische Präsident. Botschafter Makeiev dankte Deutschland in seiner Rede für die Aufnahme von mehr als einer Million Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine.
Der Bundespräsident ging auch auf die Debatte um vermeintlich mögliche Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine ein. Viele Menschen sehnten sich nach Frieden. Doch ein „Scheinfriede“, der nur den Landraub des russischen Präsidenten Wladimir Putin besiegele und die Menschen der Willkür der Besatzer überlasse, „so ein Friede wird kein Friede sein“, sagte er. Nicht die Ukraine und ihre Verbündeten verweigerten sich dem Frieden, „es ist Russland“, sagte Steinmeier.
An der Veranstaltung im Schloss Bellevue nahmen neben Bundestagspräsidentin Bärbel Bas und Bundeskanzler Olaf Scholz (beide SPD) auch die Spitzen der anderen Verfassungsorgane sowie mehrere Bundesminister und Persönlichkeiten aus der Gesellschaft teil. Während der Rede Steinmeiers hielten die Teilnehmer eine Schweigeminute für die Opfer des Kriegs in der Ukraine ab.
Zudem war im und am Schloss Bellevue wie an vielen prominenten Stellen am Freitag die blau-gelbe Flagge der Ukraine zu sehen. Am frühen Freitagmorgen versammelten sich einige prominente Teilnehmende zudem zu einem Friedensgebet der evangelischen, katholischen und orthodoxen Kirche. Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, schrieb in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Freitag), alles Handeln müsse auf einen Waffenstillstand ausgerichtet sein, auch wenn derzeit nicht klar sei, wie dieser aussehen könne.
In Berlin demonstrierten am Freitagnachmittag mehrere tausend Menschen für einen sofortigen Rückzug Russlands aus der Ukraine. Unter dem Titel „Wir werden nie vergessen“ zogen sie am Nachmittag zur russischen Botschaft an der Straße Unter den Linden und weiter zum Brandenburger Tor.
Eine Initiative um das Museum „Berlin Story Bunker“ stellte am bereits am Freitagvormittag einen ausgebrannten russischen T-72 Panzer vor der russischen Botschaft auf. Bis zum Sonntag soll er dort neben der interaktiven Kunstinstallation „Russkij Mir“ („Russische Welt“ oder „Russischer Friede“) stehen und auf die Bedrohung der besetzten Gebiete aufmerksam machen. Am Freitagnachmittag beteiligten sich laut Veranstaltern rund 20.000 Menschen an einer „Friedenskette“ zwischen Münster und Osnabrück. Zu diesem Zeichen des Friedens hatten unter anderem Kommunen, Vereine, Kirchengemeinden und Parteien aufgerufen. Auch in anderen Städten gab es Kundgebungen, Demonstrationen und Friedensgebete.