Berliner Tafel-Chefin gegen staatliche Unterstützung

Berliner Tafel-Chefin gegen staatliche Unterstützung
13.02.2023
epd
epd-Gespräch: Lukas Philippi

Berlin (epd). Die Chefin der Berliner Tafel, Sabine Werth, ist gegen eine dauerhafte Unterstützung der Hilfseinrichtung durch den Staat. Dann wären die Tafeln in der Pflicht, die Versorgung Bedürftiger mit Lebensmitteln zu gewährleisten, sagte die Vorstandsvorsitzende der größten Tafel Deutschlands dem Evangelischen Pressedienst (epd): „In dem Augenblick, in dem wir staatliche Gelder bekommen, müssen wir leisten.“

Die Berliner Tafel war die erste in Deutschland und wurde 1993 gegründet. Sie versorgt nach eigenen Angaben regelmäßig rund 400 soziale Einrichtungen sowie 46 Ausgabestellen mit gespendeten Lebensmitteln für Bedürftige. Damit würden monatlich rund 185.000 Menschen erreicht.

Werth verwies auf den Tafel-Grundsatz, nur gespendete Lebensmittel zu verteilen. „Wenn wir vom Staat Geld für die Versorgung von Menschen bekämen, dann müssen wir das übernehmen. Und wenn wir dann nicht genügend Lebensmittel gespendet bekommen, müssten wir zusätzliche Lebensmittel kaufen.“

Zudem könne dann die Politik nicht mehr kritisiert werden, sagte Werth, die auch Gründerin der Berliner Tafel war: „Die Hand, die mich füttert, beiße ich nicht.“ Der Bundesverband der Tafeln hatte sich in der Vergangenheit für eine finanzielle Unterstützung durch den Staat ausgesprochen.

Werth betonte, die Tafeln seien Lückenbüßer, „und zwar da, wo die Politik versagt“. Arbeitslosenunterstützung oder das neue Bürgergeld sicherten den Betroffenen kein ausreichendes Auskommen: „Damit lässt sich das Leben nicht annähernd sorgenlos gestalten.“ Zudem versage die Politik beim Thema Lebensmittelverschwendung: „Es werden immer noch viel zu viele Lebensmittel weggeschmissen.“

Werth bezeichnete die Information über Lebensmittel als „unterirdisch“: „Die Leute glauben immer noch, das Mindesthaltbarkeitsdatum ist das Wegwerfdatum. Und so lange das geglaubt wird, freut sich der Handel.“

Zum Entnehmen von Lebensmitteln aus Containern von Lebensmittelmärkten sagte Werth: „Das Containern muss meines Erachtens so lange straffrei sein, wie das Wegwerfen von Lebensmitteln straffrei ist. Entweder beide Seiten werden bestraft oder keine.“ Solange Lebensmittel einfach in Containern landen könnten, müsse auch jede Form von Lebensmittelrettung legal sein.