Brüssel, Berlin (epd). Im Streit um eine gemeinsame Migrationspolitik haben sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union auf eine stärkere Sicherung der EU-Außengrenze und verstärktes Bemühen um Abschiebungen geeinigt. „Wir werden unsere Außengrenzen stärken und irreguläre Migration verhindern“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am frühen Freitagmorgen in Brüssel. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte, es müsse gelingen, Menschen ohne Bleiberecht in Europa zurückzuführen. Dies ermögliche gleichzeitig die Einwanderung von Fachkräften, woran man in Deutschland Interesse habe. Scholz verteidigte auch die Pläne für mehr Grenzsicherung. Bei der Linken stoßen die auf heftige Kritik.
Der Beschluss des außerordentlichen Europäischen Rats, der am Donnerstag und Freitag in Brüssel tagte, sieht zwei Pilotprojekte an den EU-Außengrenzen vor. Beim ersten werde die EU „ein integriertes Paket an mobiler und stationärer Infrastruktur anbieten, von Autos über Kameras und Wachtürme bis hin zu elektronischer Überwachung“, sagte von der Leyen. Die Finanzierung soll aus dem EU-Haushalt und aus den nationalen Haushalten kommen. Ein zweites Pilotprojekt konzentriert sich auf die Optimierung der Verfahren an der Außengrenze.
Beim EU-Gipfel hatte es Uneinigkeit über die Finanzierung von Zäunen an der EU-Außengrenze gegeben. Die EU-Kommission sowie Deutschland lehnten die Finanzierung von Grenzzäunen ab. Andere Mitgliedsländer wie Österreich und Griechenland forderten dies jedoch.
Scholz verwies nach dem Gipfel darauf, dass das Wort „Zäune“ im Beschluss nicht vorkomme, sagte aber gleichzeitig, es gehe schon darum, „dass an einigen Grenzen Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden“. Zum Gesamtkonzept in der Migrations- und Asylpolitik gehöre auch „gute Grenzsicherung“. Im Beschluss selbst ist von einer Unterstützung „beim Ausbau von Grenzschutzkapazitäten und -infrastruktur“ die Rede.
Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer äußerte sich zufrieden. Die EU habe deutlich gemacht, dass nicht nur Bulgarien und Rumänien, sondern alle Länder mit Außengrenzen von der EU-Kommission besonders bedacht würden, wenn es darum gehe, die Grenzen zu schützen. „In dieser Klarheit hat es das noch bei keinem Rat gegeben“, sagte Nehammer.
Die EU will außerdem die Zahl der Rückführungen erhöhen. Die Staats- und Regierungschefs hätten vereinbart, Entscheidungen über Abschiebungen gegenseitig anzuerkennen. „Das wird es erlauben, schneller bei den Rückführungen zu handeln“, sagte von der Leyen. Asylanträge müssen so nicht erneut geprüft werden, wenn sich Asylbewerber innerhalb der EU bewegen.
Einig sind sich die EU-Staaten auch darin, dass mehr Druck auf Herkunftsländer gemacht werden soll, die bei der Rücknahme abgelehnter Asylbewerber nicht kooperieren. Auch das soll dazu führen, dass mehr Menschen ohne Bleiberecht die EU verlassen.
Kritik ernten die Pläne bei der Linken. „Was auf dem EU-Gipfel in Sachen Flucht und Migration beschlossen wurde, kommt einer humanitären Bankrotterklärung gleich“, sagte die fluchtpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag. Forcierte Abschottung, Schnellverfahren und Abschiebungen seien das Gegenteil einer menschenrechtsbasierten Asylpolitik.