Kurschus: "Letzte Generation" schafft negative Aufmerksamkeit

Kurschus: "Letzte Generation" schafft negative Aufmerksamkeit
04.02.2023
epd
epd-Gespräch: Corinna Buschow und Karsten Frerichs

Berlin (epd). Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, kritisiert die Protestformen der Klimabewegung „Letzte Generation“. „Sich auf der Straße festzukleben und Kunstwerke zu verunstalten: Das schafft eine Menge Unmut und negative Aufmerksamkeit“, sagte Kurschus dem Evangelischen Pressedienst (epd). Es lenke von den wichtigen Zielen ab, „und das schadet dem Klimaschutz eher“, sagte sie. Den Zielen würde sie sich anschließen, die konkreten Aktionen des Protests sehe sie aber kritisch.

„Das wäre vermutlich auch als 20-Jährige so gewesen“, sagte die Theologin, die am 14. Februar 60 Jahre alt wird. Auch der Name der Protestbewegung stößt bei ihr auf Kritik. „Letzte Generation“ klinge „apokalyptisch, widerspricht jeder Hoffnungstheologie“. „Und ich halte es auch für eine Form von Hybris, von sich zu behaupten, man gehöre zu den Letzten, die noch etwas tun können“, sagte Kurschus. Zugleich verstehe und unterstreiche sie das Signal, das in der Bezeichnung stecke: „Jetzt muss gehandelt werden, und zwar sofort, es ist höchste Zeit, wir dürfen nichts mehr aufschieben.“

Kurschus räumte ein, dass auch bei ihr das Verantwortungsgefühl bei diesem Thema erst in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen sei. „Mir war schon lange bewusst, dass es mit unserem Lebensstil nicht so weitergehen kann, weil er die gesamte Schöpfung extrem belastet und ausbeutet“, sagte sie. Sie könne aber nicht von sich behaupten, sich von Jugend an konsequent für den Schutz der Umwelt engagiert zu haben. Heute ernähre sie sich fast ausschließlich vegetarisch, achte auf Regionales und Saisonales und versuche, möglichst wenig Strom zu verbrauchen.

Zudem überlege sie bei jeder Fahrt, ob sie auf das Auto verzichten kann. Gleichzeitig blickt sie kritisch auf das auf der EKD-Synode im November beschlossene Tempolimit von 80 Kilometern pro Stunde auf Landstraßen und 100 auf Autobahnen für kirchliches Führungspersonal. Es sei klar, dass ein Tempolimit eine enorme Reduzierung des CO2-Ausstoßes mit sich bringe. Tempo 100 fände sie persönlich aber zu scharf, sagte sie zu der Selbstverpflichtung.

Mit Blick auf die heftige Kritik auch innerhalb der Kirche nannte Kurschus den Tempolimit-Beschluss allgemein „nicht glücklich“. In seiner Zuspitzung habe er stark die öffentliche Aufmerksamkeit gebunden. Kurschus hatte die Synode damals vor Moralisierung gewarnt und bleibt dabei: Ihr sei wichtig, „dass wir nicht andere belehren, sondern zuallererst bei uns selber anfangen“. Die Synodenpräses Anna-Nicole Heinrich hatte zu der Tagung im vergangenen Jahr eine Aktivistin der „Letzten Generation“ eingeladen.