Frankfurt a.M. (epd). Das Arbeitsverbot für Frauen bei Hilfsorganisationen in Afghanistan ist laut dem Leiter von Caritas International, Oliver Müller, fatal. „Wir haben schon eine humanitäre Katastrophe in Afghanistan, wenn sich die Hilfe durch das Verbot noch ausdünnt, kann das zum Tod von vielen Menschen führen.“ Laut den Vereinten Nationen sind etwa zwei Drittel der Bevölkerung, über 28 Millionen Menschen, auf Hilfe angewiesen, um zu überleben.
Doch diese Unterstützung könne so nicht gewährleistet werden, sagte Müller. „Ohne Frauen können wir einen Großteil der Hilfsbedürftigen, Frauen und Kinder, nicht erreichen.“ Zudem sei es nicht möglich zu kontrollieren, ob die Hilfe dort ankomme, wo sie gebraucht werde. „Wenn wir die Arbeit nicht überprüfen können, stoßen wir an unsere Grenzen.“ Das bringe die Organisationen in ein Dilemma. „Denn wir wollen eigentlich unter allen Bedingungen helfen.“
Am 24. Dezember haben die Taliban ein Verbot für Frauen ausgesprochen, bei Hilfsorganisationen zu arbeiten. Zur Begründung hieß es, sie hielten sich nicht an die Kleidervorschriften. Bisher ist die medizinische Hilfe von den Beschränkungen ausgenommen.
Das Beschäftigungsverbot habe die Caritas wie auch andere Organisationen überrascht, sagte Müller. „Aber es passt dazu, dass die Rahmenbedingungen insgesamt immer schwieriger werden.“ Der Zugang zu den Menschen in Afghanistan gestalte sich schwerer, auch der Dialog mit den Behörden. „Womöglich sollen die NGOs doch aus dem Land gedrängt werden.“ Die Taliban hatten nach ihrer Machtübernahme im August 2021 versichert, die humanitäre Hilfe könne weiterlaufen. Nicht staatliche Organisationen erreichen mit ihrer Unterstützung Hunderttausende Menschen in Afghanistan. Es reiche also nicht aus, wenn nur die Vereinten Nationen in dem Land Hilfe leisteten, sagte Müller.
Derzeit kann die Caritas Müller zufolge drei Projekte weiterführen, weil sie als medizinische Hilfe gelten. Sieben weitere Projekte habe die katholische Organisation jedoch aufgrund des Verbots aussetzen müssen. Die Mitarbeiterinnen würden zwar weiter bezahlt. Aber das könne nicht unbegrenzt so weitergehen und die Frauen wollten auch arbeiten. Der Caritas-Leiter kritisiert auch, dass das Gesetz zum Arbeitsverbot sehr vage gehalten ist. „Es ist nicht wirklich klar, was als medizinisch gilt und was nicht.“
Laut einer von UN Women veröffentlichten Erhebung können acht von zehn nationalen und internationalen Hilfsorganisationen ihre Aktivitäten nur noch begrenzt ausführen oder müssen sie ganz einstellen. Müller hofft nun auf einen positiven Ausgang von Gesprächen, die die Vereinten Nationen und Länder wie Katar derzeit mit den Taliban führen. Aber die ganze Entwicklung sei tragisch.