Hamburg (epd). Projekte wie der umstrittene Ausbau der A66 in Frankfurt am Main können nach den Worten der Verkehrsexpertin Philine Gaffron das Stauproblem in Ballungsräumen nicht lösen. „Wer Verkehrsinfrastruktur sät, wird Verkehr ernten“, sagte die Forscherin der Technischen Universität Hamburg dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Erfahrung zeige, dass der „Versuch, sich aus dem Stau herauszubauen“, nicht fruchte.
Durch Autobahnausbau könne sich die Staulage zwar kurzfristig entspannen, erläuterte Gaffron. Wenn sich aber auf einer Strecke die Reisezeit verkürze, steige der Anreiz, sie zu nutzen. „Infrastrukturprojekte beeinflussen zudem Standortentscheidungen“, fügte die Wissenschaftlerin hinzu: In einer besser angebundenen Gegend siedelten sich eher neue Unternehmen an. Auch zögen womöglich mehr Menschen von den Städten ins Umland, weil dort die Wohnungskosten günstiger seien. Dadurch nehme jedoch generell die Zahl der Pendelnden zu.
Bei dem umstrittenen Ausbau in Frankfurt soll ein 2,2 Kilometer langes Autobahnstück mit Tunnel im Stadtteil Riederwald die Verbindung zwischen dem derzeitigen Ende der A66 und der A661 herstellen. Im Zuge der Bauarbeiten müssen 2,5 Hektar des Fechenheimer Waldes gerodet werden. Das von Klimaaktivisten besetzte Waldstück wird derzeit von der Polizei geräumt.
„Stauprobleme muss man unter anderem durch die Verlagerung der Verkehre lösen“, betonte Gaffron. Vor allem müsse mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene kommen. Gaffron forderte einen massiven Ausbau des öffentlichen Personen-Nahverkehrs und mehr Kapazitäten für den Güterverkehr.
Die Forscherin kritisierte den 2016 beschlossenen Bundesverkehrswegeplan, der den Rahmen für Neu- und Ausbauprojekte bis 2030 setzt. Er bildet auch die Grundlage für den Bau des Riederwaldtunnels. Die Verkehrsprognosen in dem Plan gingen von einer Zunahme des Straßenverkehrs aus - das sei ein Problem für den Klimaschutz: „Die derzeit geplanten Straßenbauprojekte würden in der Bilanz eine weitere CO2-Steigerung bewirken.“ Mit den Klimazielen, zu denen sich die Bundesregierung verpflichtet habe, sei dies nicht vereinbar.
Nach den Worten der Forscherin wird der Bundesverkehrswegeplan derzeit einer gesetzlich vorgeschriebenen „Bedarfsplanüberprüfung“ unterzogen. Nicht wenige Expertinnen und Experten forderten ein Moratorium für die darin enthaltenen Straßenbauprojekte, bis die Prüfung beendet sei, sagte Gaffron. Bis dahin könnten die klimaschädlichen Effekte unter die Lupe genommen werden, um sie bei der weiteren Planung zu berücksichtigen.