Stuttgart (epd). Der Fachkräftemangel stellt für deutsche Schulen dem Schulbarometer der Robert Bosch Stiftung zufolge die größte Herausforderung dar. Fehlendes pädagogisches Personal nennen rund zwei Drittel (67 Prozent) der Schulleitungen darin als ihr größtes Problem. In sozial benachteiligten Gegenden seien dies sogar 80 Prozent, teilte die Stiftung am Mittwoch in Stuttgart mit. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft forderte mehr Ressourcen für das Bildungssystem.
Beeinträchtigungen durch die Corona-Pandemie nannten der repräsentativen Umfrage des forsa-Meinungsforschungsinstituts für die Robert Bosch Stiftung zufolge nur noch neun Prozent der Schulleitungen. Die nur langsam vorankommende Digitalisierung und unzureichende technische Ausstattung (22 Prozent), die Bürokratie (21 Prozent) und hohe Arbeitsbelastung (20 Prozent) spielten im Vergleich zum Fachkräftemangel ebenfalls nur eine untergeordnete Rolle.
Etwa 2,7 Prozent der Schülerinnen und Schüler sind den Angaben zufolge Flüchtlinge aus der Ukraine. Etwa genauso viele Schülerinnen und Schüler seien aus anderen Ländern zugewandert. Rund die Hälfte der Schulen sehe keinen Spielraum mehr für weitere Aufnahmen.
Weniger Bürokratie könne die Personalnot kurzfristig lindern, sagte Dagmar Wolf, Leiterin des Bereichs Bildung der Robert Bosch Stiftung. Dies würde es erleichtern, Assistenzkräfte in Verwaltung und Pädagogik sowie ausländische Lehrkräfte einzustellen. Als langfristige Lösung reiche es nicht aus, nur die Kapazitäten von Lehramtsstudiengängen zu erhöhen. „Der Lehrerberuf muss attraktiver werden“, sagte Wolf.
Anja Bensinger-Stolze, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, sprach von einem „Teufelskreis aus Überlastung durch Lehrkräftemangel und Lehrkräftemangel durch Überlastung“. Diesem Teufelskreis zu entkommen, werde nur gelingen, wenn die Politik bereit sei, insgesamt mehr Ressourcen ins System zu stecken. Ein kürzlich vorgelegter 15-Punkte-Plan der Gewerkschaft schlägt unter anderem bessere Bezahlung, mehr Möglichkeiten zum Quereinstieg in den Lehrerberuf und bessere Ausstattung der Schulen vor.
Auch der Berufsschullehrerverband Baden-Württemberg forderte mehr Investitionen. Zunächst müsse die Politik die Grundprobleme aller Schularten wie Verwaltung, Informationstechnik und Nachwuchsgewinnung lösen, sagte der Verbandsvorsitzende Thomas Speck. Dann erst könne es um Sonderwünsche gehen wie etwa die Rückkehr zu einer neunjährigen Gymnasialzeit.