Polizei demontiert Barrikaden in Lützerath

Polizei demontiert Barrikaden in Lützerath
Räumung steht kurz bevor
In der von Klimaaktivisten besetzten Ortschaft Lützerath am Braunkohle-Tagebau Garzweiler II setzt die Polizei die Vorbereitungen für die Räumung fort. Die EKD-Ratsvorsitzende Kurschus ruft alle Seiten zur Gewaltfreiheit auf.

Lützerath (epd). Die Räumung des Dorfes Lützerath am Braunkohle-Tagebau Garzweiler steht unmittelbar bevor. Am Dienstag traf die Polizei weitere Vorbereitungen und ging gegen Protestierende vor, die den zu Erkelenz gehörenden Weiler besetzt haben. Dabei wurden unter anderem Barrikaden demontiert, Menschenketten aufgelöst, Demonstranten fortgetragen und aufgestellte „Tripods“ beseitigt.

Bis zum Nachmittag sei die Lage aber „relativ ruhig“ geblieben, sagte ein Polizeisprecher. Menschen seien bis zu diesem Zeitpunkt nicht fest- oder in Gewahrsam genommen. In der Regel hätten sich die Maßnahmen der Polizei auf die Feststellung der Personalien beschränkt. Die Klimaaktivisten wollen die Abbaggerung des Ortes durch den Energiekonzern RWE verhindern.

Der Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach legte sich weiterhin nicht auf einen Starttermin für die eigentliche Räumung fest. Die Räumung durch die Polizei könne am Mittwoch oder „an den darauffolgenden Tagen erfolgen“, sagte er dem WDR-Radio. Im Fernsehsender Phoenix betonte er das Bemühen der Polizei, deeskalierend vorgehen zu wollen. Neben sieben verbarrikadierten Häusern, die geräumt werden müssten, gebe es rund 25 Baumhäuser, aus denen Protestierende herausgeholt werden müssten. Für die Räumung werde ein Zeitraum von mindestens vier Wochen veranschlagt.

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, rief derweil zu Gewaltfreiheit auf. Lützerath sei der Ort, an dem in diesen Tagen gesellschaftliche Interessen- und Zielkonflikte hart aufeinanderprallten, erklärte die westfälisch Präses in Bielefeld. Sie appelliere an alle Beteiligten, „dass es nicht zu Gefahr für Leib und Leben kommt“.

Kurschus bekundete „Respekt vor allen, die friedlich von ihrem Demonstrationsrecht Gebrauch machen und sich für einen ambitionierten Klimaschutz in NRW engagieren“. Richtig sei aber auch, dass der Staat die Aufgabe habe, bestehende Rechte durchzusetzen. Deshalb habe sie den gleichen Respekt vor Polizei und Behördenmitarbeitenden, die für diesen Grundsatz einstünden. Sie forderte dazu auf, „diesen Respekt auch im Protest gegen die Räumung zu wahren und zu zeigen“.

Kirchenvertreter aus der Region forderten vom Land Nordrhein-Westfalen ein sofortiges Moratorium für die Räumung des Geländes. Stattdessen sollten sich alle Beteiligten an einen Tisch setzen, erklärten der Vorstand des Diözesanrates der Katholiken in Aachen und die Superintendenten der evangelischen Kirchenkreise Gladbach-Neuss und Jülich. Es gehe darum, gemeinsam nach Wegen zu suchen, die noch zur Versorgungssicherheit notwendigen Kohlemengen für die Stromerzeugung zu sichern und dann schnellstens die Braunkohlenutzung zu beenden.

Unterdessen wies das Oberverwaltungsgericht NRW die Beschwerde von Klimaaktivisten gegen ein Aufenthaltsverbot in Lützerath ab. Die entsprechende Allgemeinverfügung des Landrats des Kreises Heinsberg zur Räumung der Ortslage habe weiterhin Bestand, erklärte das Gericht (AZ: 5 B 14/23). Auch das darin enthaltene Aufenthalts- und Betretungsverbot sei „voraussichtlich rechtmäßig“. Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

RWE wies Berichte zurück, das Unternehmen schränke die Berichterstattung in Lützerath ein. Angesichts der Gefahren, die sich durch die gewaltbereiten Protestierenden auf dem Gelände der ehemaligen Siedlung ergäben, seien zeitliche und räumliche Einschränkungen beim Besuch für Medienschaffende unvermeidbar. Deshalb sei der Zugang auf das umzäunte Betriebsgelände nur bei Tageslicht und nur in Begleitung einer von RWE benannten Person möglich, hieß es.