Mit Goldstern und Gebeten gegen den Braunkohlebagger

Mit Goldstern und Gebeten gegen den Braunkohlebagger
Klimaaktivisten wollen in dem bedrohten Weiler Lützerath im rheinischen Braunkohlerevier "um jeden Meter kämpfen". Am Dreikönigstag haben sie dort einen Gottesdienst gefeiert. Das NRW-Innenministerium zählt bisher rund 30 gewaltbereite Kräfte.

Lützerath (epd). Klimaaktivisten und Umweltorganisationen halten ihren Widerstand gegen die geplante Räumung und Abbaggerung des Dorfes Lützerath bei Erkelenz für den Braunkohleabbau aufrecht. „Wir werden um jeden Meter kämpfen“, sagte Ronni Zeppelig von der Initiative „Lützi lebt“ am Freitag in einer digitalen Pressekonferenz. „Wir brauchen die Kohle nicht, wir wollen die Kohle nicht.“

Greenpeace-Energieexperte Karsten Smid hält das Argument der Landesregierung, man brauche die Braunkohle angesichts der gegenwärtigen Gasmangellage, für vorgeschoben: „Die Kohle unter Lützerath stünde frühestens in drei Jahren zu Verfügung. Die nutzt im Moment niemandem.“

Am Freitagnachmittag kamen rund 50 Menschen zu einem Gottesdienst zum Dreikönigstag an der Eibenkapelle in Lützerath zusammen. Nach Gebeten und Gesang zogen sie mit einem großen goldenen Stern zu den Zelten und Holzhütten der Aktivisten und kennzeichneten einen Baumstamm in der Mitte des Dorfes mit dem traditionellen Sternsinger-Segen „20 C+M+B 23“.

Am Sonntag soll es einen „Dorfspaziergang“ durch Lützerath geben, anschließend sind wieder ein Gottesdienst sowie die Kölner Pop-Rockband AnnenMayKantereit angekündigt. Am Montag ist der letzte gemeinsame Gottesdienst an der Eibenkapelle geplant zum Thema: „Widerstand als Akt der Liebe“. Für den 14. Januar haben Umweltverbände, Klimagruppen und lokale Initiativen zu einer großen Demonstration aufgerufen.

Christoph Bautz von Campact betonte, dass die Großdemonstration auf jeden Fall stattfinden solle, „auch wenn die Polizei am 10. Januar mit der Räumung beginnt“. Er rechnet mit etlichen tausend Teilnehmenden. Lützerath sei für die Klimabewegung der neue Hotspot, sagte Bautz. „Wer diese Kohle abbaggert und verstromt, reißt die 1,5-Grad-Grenze und bricht das Pariser Klimaabkommen.“

Linda Kastrup von Fridays for Future Deutschland verwies auf die Folgen der Braunkohleverstromung: „16 Grad an Silvester, Überschwemmungen in Nigeria, Schneestürme in den USA: Jede weitere Tonne Braunkohle verursacht weltweit Krisen und vernichtet im globalen Süden schon jetzt Existenzen.“

Der Energiekonzern RWE will den Weiler am Tagebau Garzweiler abreißen lassen, um die Braunkohle darunter abzubaggern. Der Landrat des Kreises Heinsberg hatte am 22. Dezember eine sogenannte Räumungsverfügung erlassen. Lützerath wurde damit zum Sperrgebiet. Gemäß der Verfügung ist ab dem 10. Januar mit einer Räumung durch die Polizei zu rechnen. Vorbereitungsarbeiten dafür laufen seit Montag. Die Aktivisten wiederum errichten Barrikaden.

In welchem Umfang es bei einer Räumung zu Gewalt kommt, hängt nach Einschätzung des nordrhein-westfälischen Innenministeriums davon ab, inwieweit es „der Mehrheit der tatsächlich um das Klima besorgten bürgerlichen Mitte gelingt, sich von der gewaltbereiten Minderheit aus dem linksextremistischen Spektrum zu distanzieren“. Nach Erkenntnissen des NRW-Verfassungsschutzes hätten sich bis zum 4. Januar rund 130 Menschen in Lützerath befunden, darunter 30 gewaltbereite Personen. Laut Polizei Aachen vom Freitag halten sich aktuell rund 150 Menschen in Lützerath auf, im benachbarten Ort Keyenberg etwa 100. Die Situation sei derzeit ruhig, sagte ein Sprecher.