Loccum, Kr. Nienburg (epd). Angesichts einer zunehmenden Aggressivität in der Gesellschaft hat Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) zu gegenseitiger Rücksichtnahme aufgerufen. „Wir haben nicht das Recht, unsere Freiheit auf dem Rücken von anderen Menschen auszuleben, auch nicht auf dem Rücken nachfolgender Generationen“, mahnte Weil am Freitag beim traditionellen Epiphanias-Empfang der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers im Kloster Loccum bei Nienburg. „Schrankenlose Freiheit kann niemand von uns beanspruchen.“
Als negatives Beispiel nannte Weil die Ereignisse der Silvesternacht, in der an vielen Orten die Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten mit Böllern und Raketen beschossen wurden. Derartige Exzesse seien kaum zu begreifen, sagte der Ministerpräsident vor rund 140 geladenen Gästen aus Politik, Wirtschaft, Kultur, Gesellschaft und Religion. „Aber es ging den Randalierern offenbar auch um ein großes persönliches Vergnügen. Und dieses Vergnügen war ihnen wichtiger als alle Gefahren, Schäden und Risiken, die sie damit ausgelöst haben.“
Kritisch blickte Weil auch auf die Jahre der Corona-Pandemie zurück. „Der harte und zum Teil unversöhnliche Streit über die staatlichen Corona-Maßnahmen war jenseits aller Details auch ein Streit darüber, ob der Schutz der einen vor gesundheitlichen Gefahren zur Einschränkung der Freiheit der anderen berechtigt und wer darüber eigentlich entscheiden darf“, sagte er. Darüber bestehe offenbar in der Gesellschaft ein nicht aufgelöster Gegensatz zwischen einer großen Mehrheit und einer Minderheit.
Nach zwei Jahren Corona-Pause konnte der Empfang erstmals wieder in den Räumen des mehr als 850 Jahre alten Zisterzienserklosters stattfinden.