Osnabrück (epd). Vor ersten Beratungen der Gesundheitsminister von Bund und Ländern über die geplante Krankenhausreform an diesem Donnerstag hat der Marburger Bund „mehr Mut“ gefordert. Das gegenwärtige Fallpauschalensystem habe „zu verheerenden Fehlentwicklungen“ geführt und müsse deshalb komplett abgeschafft werden, sagte die Vorsitzende der Ärztegewerkschaft, Susanne Johna, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Dienstag).
Dass Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) teilweise von Fallpauschalen auf Vorhaltepauschalen umsteigen wolle, sei wichtig. „Nun muss der Anteil aber noch deutlich erhöht werden, wir hoffen auf mehr Mut und fordern, die gesamten patientennahen Personalkosten aus den Fallpauschalen auszugliedern“, sagte Johna.
Nach den Plänen Lauterbachs sollen künftig alle Kliniken eine Basisfinanzierung für die Vorhaltung von Betten, Personal und medizinischem Gerät erhalten und nur noch einen Teil ihrer Ausgaben über Fallpauschalen für die Behandlungen refinanziert bekommen. „Ich hoffe, dass die Länder bei der Reform mitziehen und auf dem nächsten Treffen der Gesundheitsminister ein klares Signal dafür abgeben“, erklärte Gewerkschafts-Chefin Johna. „Wir müssen da jetzt Tempo reinbekommen, dann könnte ab Mitte 2024 die Umsetzung starten.“ Denn die Gefahr sei „sehr real, dass noch deutlich mehr Ärzte und Pflegekräfte ihren Dienst quittieren und für die Patientenversorgung verloren gehen, wenn sich nicht bald ganz viel ändert“.
Die Reform müsse nicht zu einer Kostenexplosion führen, so die Marburger-Bund-Chefin weiter. Denn es gebe seit vielen Jahren in manchen Bereichen Überversorgung, in anderen, allen voran in der Kindermedizin, eine Unterversorgung.
Außerdem sieht der Marburger Bund in einer Verschiebung von Behandlungen von Kliniken in Arztpraxen ein „erhebliches“ Entlastungspotenzial. Das funktioniere aber nur, indem in Praxen neue Kapazitäten geschaffen würden. „Ohne finanzielle Anreize wird es nicht gehen. Es braucht also eine Entbudgetierung im niedergelassenen Bereich, mindestens in der Grundversorgung, also bei Hausärzten, Kinder- und Jugendärzten sowie hausärztlichen Internisten“, forderte Johna.