Berlin (epd). Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den verstorbenen früheren Papst Benedikt XVI. als Theologen gewürdigt, der Menschen eine Orientierung gegeben hat. „Sein Glaube, sein Intellekt, seine Weisheit und seine menschliche Bescheidenheit haben mich immer tief beeindruckt“, erklärte Steinmeier am Samstag. Schon im Wirken des Professors Joseph Ratzinger habe sich hohe theologische und philosophische Bildung mit verständlicher Sprache verbunden. „Deswegen fanden viele Menschen, nicht nur Katholiken, in seinen Schriften und Ansprachen klare Orientierung“, sagte der Bundespräsident.
Steinmeier unterstrich zudem die besondere Rolle, die der frühere Papst für Deutschland hatte. „Die Wahl eines Papstes aus dem Mutterland der Reformation und eines Intellektuellen, der sich den Dialog zwischen Glaube und Vernunft zur Lebensaufgabe gemacht hatte, war für viele Menschen auf der ganzen Welt ein wichtiges Zeichen“, sagte Steinmeier, der selbst der evangelischen Kirche angehört.
Der Bundespräsident erinnerte auch an den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche. „Spätestens als Präfekt der Glaubenskongregation war er mit dem bedrückenden Problem des weltweiten sexuellen Missbrauchs und dessen systematischer Vertuschung konfrontiert“, sagte Steinmeier. Hier sei er besonders in der Verantwortung gewesen. Benedikt habe um das große Leid der Opfer und den immensen Schaden für die Glaubwürdigkeit der Kirche gewusst. Er habe sich dann zum Amtsverzicht in dem Moment entschieden, „in dem er gewiss war, sein Amt nicht mehr mit der nötigen Kraft ausführen zu können“. „Das war eine unerwartete kirchengeschichtliche Zäsur“, sagte Steinmeier.
Benedikt XVI. war am Samstagvormittag gestorben, wie der Vatikan mitteilte. Benedikt, der mit bürgerlichem Namen Joseph Ratzinger hieß, wurde 95 Jahre alt. Er stand von 2005 bis 2013 an der Spitze der katholischen Kirche. Nach acht Jahren als Pontifex verzichtete Benedikt XVI. 2013 überraschend auf das Papstamt und lebte fortan zurückgezogen im Vatikan.