Parlamentswahl in Tunesien

Parlamentswahl in Tunesien

Tunis (epd). In Tunesien waren am Samstag rund neun Millionen Menschen aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Nachdem im Juli die Bevölkerung in einem Referendum für eine neue Verfassung gestimmt und der Präsident daraufhin ein neues Wahlrecht erlassen hatte, werden nunmehr Einzelkandidaten statt Parteilisten gewählt. In zehn der 161 Wahlkreise gibt es nur einen Kandidaten, in sieben weiteren keinen einzigen. Dort soll im kommenden Jahr eine Nachwahl stattfinden.

Das vorläufige amtliche Endergebnis soll spätestens am Dienstag verkündet werden. Es wurde erwartet, dass es in einigen Wahlkreisen zu Stichwahlen kommt, weil kein Kandidat eine absolute Mehrheit erreicht. Die Stichwahl findet Anfang 2023 statt. Wie schon das Referendum im Juli boykottierten die meisten größeren Parteien auch die Parlamentswahlen, die sie als nicht legitim ansehen.

Die Wahl der ersten Kammer des neuen Abgeordnetenhauses fand an einem symbolischen Datum statt: Vor genau zwölf Jahren, am 17. Dezember 2010, hatte sich der Gemüsehändler Mohamed Bouazizi im zentraltunesischen Sidi Bouzid aus Protest angezündet, nachdem eine Polizistin seine Ware und eine Waage konfisziert hatten. Damit löste Bouazizi zunächst in Tunesien, später auch in anderen Ländern der Region, Aufstände und Revolutionen aus.

Lange galt Tunesien danach als Vorreiter bei der Demokratisierung. Doch vor eineinhalb Jahren ließ Präsident Kais Saied den Notstand ausrufen und riss große Teile der Macht an sich. Nach dem Verfassungsreferendum vom 25. Juli sind die Parlamentswahlen nun ein weiterer wichtiger Schritt in seinem Plan, das politische System nach seinen Vorstellungen zu verändern.