Hilfsorganisation IRC: Not in Afghanistan nimmt weiter zu

Hilfsorganisation IRC: Not in Afghanistan nimmt weiter zu
14.12.2022
epd
epd-Gespräch: Moritz Elliesen

Frankfurt a.M., Kabul (epd). Die Not der afghanischen Bevölkerung hat nach Angaben des „International Rescue Committees“ (IRC) seit dem vergangenen Jahr zugenommen. Dafür sei vor allem der Zusammenbruch der Wirtschaft verantwortlich, sagte die Koordinatorin für Kommunikation der Hilfsorganisation für Afghanistan, Samira Sayed Rahman, dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Kabul. Mehr als 900.000 Arbeitsplätze seien verloren gegangen, knapp die Hälfte der Bevölkerung lebe von einer Mahlzeit pro Tag. Um die Aussichten für die knapp 40 Millionen Afghaninnen und Afghanen zu verbessern, müsse auch wieder Entwicklungshilfe geleistet werden, forderte Sayed Rahman.

In Afghanistan hatten die Taliban im August 2021 nach dem Abzug der westlichen Militärallianz die Macht übernommen. Viele Länder verhängten daraufhin Sanktionen und beendeten die Entwicklungszusammenarbeit. Nach Angaben der Weltbank schrumpfte die Wirtschaft in Afghanistan 2021 um mehr als 20 Prozent.

Der Kollaps der Wirtschaft wirke sich auf alle Bereiche des Lebens aus, sagte Sayed Rahman. Zusätzlich machten die weltweit steigenden Lebensmittelpreise den Afghaninnen und Afghanen zu schaffen. „Wenn man auf den Straßen von Kabul unterwegs ist, wird deutlich, dass es keinen Mangel an Nahrungsmitteln gibt“, sagte sie. Viele Menschen hätten aber schlichtweg kein Geld, um sich zu versorgen. Sayed Rahman warnte mit Blick auf den Winter vor einer weiteren Verschärfung der Not. In Teilen des Landes sänken die Temperaturen auf bis zu minus 20 Grad Celsius. „Menschen müssen sich entscheiden, ob sie Essen auf den Tisch stellen oder heizen“, sagte sie.

Die internationale Gemeinschaft müsse Hilfsorganisationen mehr Geld zur Verfügung stellen, sagte Sayed Rahman. Zugleich sei humanitäre Hilfe nicht die Lösung. „Wir brauchen Entwicklungshilfe für das Land, das in den vergangenen Jahren von internationalen Geldern abhängig war.“ Es müsse nach Wegen gesucht werden, wie die allgemeine wirtschaftliche Lage im Land verbessert werden könne.

Afghanistan steht in diesem Jahr auf dem dritten Platz der Liste der 20 schlimmsten humanitären Krisen des „International Rescue Committees“. Angeführt wird die jährlich veröffentlichte Rangliste von Somalia.