Sie werden gebaut, um zu verletzen. Antipersonenminen sind eine der heimtückischsten Waffen, die es gibt. In vielen Fällen trifft es Kinder, in manchen Jahren bis zur Hälfte aller Fälle. Seit der Unterzeichnung einer Konvention am 3. und 4. Dezember 1997 im kanadischen Ottawa durch 121 Länder sind Antipersonenminen international geächtet. Nun jährt sich das Abkommen zum 25. Mal.
"164 Vertragsstaaten zählt die Ottawa-Konvention mittlerweile, das sind rund 80 Prozent aller Länder", sagt Eva Maria Fischer, Leiterin der politischen Abteilung der Organisation Handicap International. Doch trotz dieser großen Mehrheit, die sich dem Verbot von Produktion, Lagerung, Nutzung und Verkauf von Antipersonenminen angeschlossen hat, gehört die tödliche Waffe an vielen Kriegsschauplätzen immer noch zum Alltag.
Laut dem Landminen-Monitor der Internationalen Kampagne zum Landminen-Verbot (ICBL), der auch Handicap angehört, wurden 2021 mehr als 5.540 Menschen durch die Sprengsätze verletzt, 2.180 von ihnen erlagen ihren Verletzungen. Expertinnen und Experten gehen allerdings von einer hohen Dunkelziffer aus. Über drei Viertel der registrierten Opfer waren Zivilistinnen und Zivilisten, die Hälfte von ihnen Kinder. Die meisten Opfer gab es in Syrien (knapp 1.230) und Afghanistan (über 1.070).
China, Russland und USA haben das Abkommen gegen Minen nicht unterzeichnet
"Zu den Staaten, die das Abkommen nicht unterzeichnet haben, gehören die Mächtigsten: die USA, Russland und China", erklärt Fischer. So prangerte die Organisation Human Rights Watch im März an, dass russische Streitkräfte in der Ukraine Antipersonenminen eingesetzt hätten. Laut dem Landminen-Monitor kommen dabei sieben Arten von Sprengsätzen zum Einsatz. Die Zahl der Opfer belief sich demnach in den ersten neun Monaten 2022 auf 277.
Neben den Staaten, die das Abkommen nicht unterzeichnet haben, sind es laut Fischer insbesondere nicht-staatliche Akteure, die regelmäßig selbst gebaute Minen einsetzen. Diese Bewaffneten seien nicht an Verträge oder andere Abkommen gebunden. Die zuletzt hohe Zahl an Minenopfern - 2020 über 7.000 - liegt Fischer zufolge auch an den Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie. Entminungsaktionen, Risikoaufklärung und die Behandlung von Minenopfern seien dadurch stark eingeschränkt gewesen.
Bis zum Inkrafttreten der Ottawa-Konvention am 1. März 1999 war es ein langer Weg. Über Jahrzehnte forderten Aktivistinnen und Aktivisten ein Verbot, geringe Einschränkungen in wenigen Staaten wurden erreicht. 1992 schließlich gründete sich die Kampagne zum Verbot (ICBL) und mobilisierte mit Aktionen, Petitionen und Schulbesuchen eine breite Öffentlichkeit, einzelne Länder schlossen sich an, Konferenzen folgten. Nach der Unterzeichnung zerstörten einige Staaten ihre Minenbestände.
Minen sollen verletzen, weil das mehr Kräfte des Gegners bindet
"Antipersonenminen töten in vielen Fällen nicht. Sie verletzten", sagt Fischer. Mit dem Gedanken entwickelt, dass verletzte Soldaten mehr Kräfte binden als tote, sei die Waffe hauptsächlich darauf ausgelegt, großen Schaden anzurichten. Oftmals gut getarnt sind Minen vor allem im Nachgang von Kriegen eine Gefahr für die Bevölkerung. Umso wichtiger sei eine zügige Räumung, betont Fischer. Doch besonders selbst hergestellte Sprengsätze sind in der Räumung extrem herausfordernd: "Eine improvisierte Mine kann irgendwie irgendwann hochgehen. Für improvisierte Minen gibt es keinen bekannten Bauplan."
Bei dem Einsatz gegen Minen und Explosivwaffen gehe es aber nicht nur um den technischen Vorgang der Räumung oder die Herstellung von Prothesen, sagt Fischer. Es gehe auch darum, den Menschen das Land zurückzugeben. Da Minen nach dem Ende eines Konflikts über Jahrzehnte eine Belastung für die Bevölkerung darstellen, beinhaltet die Ottawa-Konvention nebst dem Verbot der Benutzung von Minen auch die Verpflichtung zur Entminung und Opferhilfe. "Das Abkommen war damals ein absoluter Meilenstein. Aber auch wenn 25 Jahre Ottawa-Konvention ein großer Erfolg sind, ist es auch eine Gelegenheit daran zu erinnern, dass Minen nicht aus der Welt sind."