Kigali (epd). Zur Versorgung von Flüchtlingen innerhalb ihrer Herkunftsregionen dringt die UN-Expertin Lilly Carlisle auf mehr internationale Unterstützung. „Vor allem in Afrika braucht es mehr regionale Lösungen“ - und dafür auch mehr Geld, sagte die Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR in Ruanda dem Evangelischen Pressedienst (epd) in der Hauptstadt Kigali. Die meisten Geflüchteten weltweit fänden Zuflucht in Nachbarländern. „Deshalb bestehen wir darauf, dass die Versorgung eine gleichmäßig verteilte Aufgabe sein sollte.“ Eine „Auslagerung von Verantwortungen“, wie im Abkommen zwischen Ruanda und dem Vereinigten Königreich vorgesehen, sei allerdings der falsche Weg und gegen internationales Recht. „Wir sind vollkommen dagegen.“
Großbritannien plant zur Abschreckung, ohne Genehmigung eingereiste Flüchtlinge nach Ruanda abzuschieben. Sie sollen dort Unterkunft, Versorgung und Ausbildung erhalten - finanziert vom britischen Staat. Ruanda erhält laut Ankündigung von April zunächst 120 Millionen Pfund (rund 140 Millionen Euro), weitere Mittel könnten folgen. Erste Abschiebungsversuche wurden von Gerichten gestoppt, Hilfsorganisationen sprachen von Hungerstreiks und Selbstmordversuchen von Betroffenen. Eine Umsiedlung müsse immer auf Freiwilligkeit basieren, betonte Carlisle. „So wie es derzeit geplant ist, wird sie den Menschen aufgezwungen.“
Ansonsten ist Ruanda im Vergleich zu anderen Staaten Carlisle zufolge jedoch ein gutes Aufnahmeland für Flüchtlinge, nicht nur wegen der relativen Stabilität, sondern auch wegen der Politik der Regierung. „Das Land hat sich rechtliche Vorgaben gegeben für die Inklusion von Geflüchteten. Damit tut es mehr als die meisten anderen Staaten der Region.“ Die 127.000 registrierten Flüchtlinge hätten einen Ausweis, womit sie Zugang zu staatlichen Leistungen hätten, und dürften arbeiten, wenn sie einen Job finden. „Fast alle Flüchtlingskinder gehen in ruandische Schulen, und Ruander profitieren von den Gesundheitszentren in den Lagern“, sagte Carlisle.
Wobei Lager ein irrenführender Begriff sei, betonte die Sprecherin. „Die Camps sind offen, jeder kann ein- und ausgehen, sie sind mehr wie Siedlungen, in denen die Menschen teilweise seit 20 Jahren leben und vom UNHCR mit dem Nötigsten versorgt werden.“ Eine Ablehnung der ruandischen Bevölkerung stelle sie nicht fest. „Sie sprechen die gleiche Sprache, haben ähnliche Kulturen, das hat enorm geholfen.“ Knapp 60 Prozent der Geflüchteten sind aus der Demokratischen Republik Kongo und kamen seit Mitte der 90er Jahre, die meisten anderen stammen aus Burundi und sind seit 2015 im Nachbarland.
Allerdings stellt Carlisle auch hier zu wenig Engagement der Staatengemeinschaft fest. Dem UNHCR fehle Geld für die Versorgung der Geflüchteten. „Für dieses Jahr haben wir nur 35 Prozent der nötigen Mittel, für nächstes Jahr sieht es noch schlimmer aus.“ Rückführungen seien schwierig. „Viele haben Angst, in ihre Heimat zurückzukehren.“