Berlin, Hannover (epd). Die Pläne der Bundesregierung, das Einbürgerungsrecht zu reformieren, werden unterschiedlich bewertet. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte in seiner wöchentlichen Videobotschaft „Kanzler kompakt“, dass Deutschland bessere Regeln für die Einwanderung brauche. Auch die Türkische Gemeinde in Deutschland begrüßt die Pläne. Kritik kommt dagegen von der Union. Am Freitag wurde bekannt, dass das Bundesinnenministerium die im Koalitionsvertrag vereinbarten Erleichterungen bei Einbürgerungen auf den Weg bringt.
Bundeskanzler Scholz sagte in seiner Videobotschaft, dass Deutschland seit Jahrzehnten für viele Menschen ein Land der Hoffnung sei: „Frauen und Männer, die nach Deutschland eingewandert sind, haben viel dazu beigetragen, dass die Wirtschaft so stark ist.“
Kritik an den Reformplänen formulierte dagegen die Union. Der Landesgruppenvorsitzende der CSU im Bundestag, Alexander Dobrindt, sprach in der „Bild“-Zeitung am Samstag in Berlin von einem „Verramschen“ der deutschen Staatsbürgerschaft. Dies fördere nicht die Integration, „sondern bezweckt geradezu das Gegenteil und wird zusätzliche Pulleffekte bei der illegalen Migration auslösen.“ Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Innenexperte Stefan Heck ergänzte in der Zeitung, dass die inflationäre Vergabe deutscher Pässe „enormen sozialen Sprengstoff“ berge. Dobrindt und Heck forderten Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auf, die Pläne zu stoppen.
Es sei ein Anliegen der Koalition, das Staatsangehörigkeitsrecht für die heutige vielfältige Einwanderungsgesellschaft zu modernisieren, sagte der Sprecher von Faeser am Freitag in Berlin. Laut dem Gesetzesentwurf für eine Reform des deutschen Staatsbürgerrechts, der dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, sollen die Aufenthaltsdauer in Deutschland bis zur Möglichkeit der Einbürgerung verkürzt, Sprachanforderungen für bestimmte Gruppen reduziert und künftig hingenommen werden, wenn Menschen mehrere Staatsbürgerschaften haben. Wie ein Sprecher am Freitag in Berlin sagte, wird in Kürze ein entsprechender Gesetzentwurf in die Ressortabstimmung innerhalb der Bundesregierung gehen.
Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, äußerte sich indessen positiv über die von der Bundesregierung geplante Reform. Das deutsche Staatsbürgerschaftsrecht entspräche nicht mehr der Realität unserer Tage, sagte Sofuoglu dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Samstag) in Berlin. Außerdem gehe es darum, eine gewisse Gleichstellung zu erreichen und damit mehr Menschen politische Partizipation zu ermöglichen.
Auch der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Konstantin Kuhle, äußerte sich positiv zum aktuellen Reformvorhaben: „Wer zum Arbeiten nach Deutschland kommt, muss auch eine Chance auf dauerhafte Integration in unsere Gesellschaft haben“, sagte er der Zeitung. Deutschland stehe in einem internationalen Wettbewerb um Arbeitskräfte. „Wenn wir da mithalten wollen, müssen wir runter von unserem hohen Ross und Steine aus dem Weg räumen.“