Leipzig (epd). Die Ausgangsbeschränkungen in Bayern während der ersten Welle der Corona-Pandemie waren unverhältnismäßig. Das hat das Bundesverwaltungsgericht am Dienstag in Leipzig entschieden. Mit dem Urteil bestätigte der Dritte Senat in Leipzig einen Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs von Oktober 2021 und wies die Revision der bayerischen Staatsregierung dagegen zurück. Hierbei ging es vor allem um die Auflage, dass das Verlassen der Wohnung nur dann erlaubt war, wenn triftige Gründe vorlagen. (Az. 3 CN 2.21)
Für Sachsen urteilte ebenfalls der Dritte Senat am Dienstag, dass die Einschränkungen durch die dort geltende Corona-Schutzverordnung rechtmäßig waren (Az. 3 CN 1.21). Hier bestätigten die fünf Bundesrichter ein Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts von Oktober 2021 und wiesen die Revision des klagenden Leipziger Rechtsanwalts zurück. Der Anwalt hatte die Kontaktbeschränkungen sowie die Schließung der Restaurants und Sportstätten rückwirkend für rechtswidrig erklären lassen wollen.
Die sächsische Verordnung hatte vom 17. April bis zum 3. Mai 2020 gegolten, jene von Bayern war vom 31. März bis zum 19. April 2020 gültig.
Für Bayern schätzte der Dritte Senat ein, dass die bayerische Staatsregierung damals andere Entscheidungen hätte treffen müssen. „Als mildere Maßnahme kamen hier Beschränkungen des Kontakts im öffentlichen und privaten Raum in Betracht, mit denen das Verweilen im Freien allein oder ausschließlich mit Angehörigen des eigenen Hausstandes nicht untersagt worden wäre“, sagte die Vorsitzende Richterin Renate Philipp. Diese hätten die Menschen weniger belastet als die damals geltende Ausgangsbeschränkung. Es sei zwar das Verlassen der Wohnung für Sport und Bewegung erlaubt gewesen, aber nicht für bloßes Verweilen an der frischen Luft, um zum Beispiel auf einer Parkbank ein Buch zu lesen.
„Das ganztägig und damit auch während der Tagstunden geltende Verbot, die eigene Wohnung zum Verweilen im Freien zu verlassen, war ein schwerer Eingriff in die Grundrechte der Menschen“, führte Philipp aus. „Für die Verhältnismäßigkeit hätte vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof plausibel dargelegt werden müssen, dass es über eine Kontaktbeschränkung hinaus einen erheblichen Beitrag zur Erreichung des Ziels leisten konnte, physische Kontakte zu reduzieren und dadurch die Ausbreitung von Covid-19 zu verhindern.“ Daran habe es gefehlt.
Für Sachsen sahen die fünf Richter die damals geltende Verordnung hingegen als verhältnismäßig und rechtmäßig an. „Das Ziel der Verordnung, physische Kontakte zu vermeiden, um die Ausbreitung des Virus und der Krankheit Covid-19 zu verlangsamen, stand im Einklang mit dem Zweck, der sich aus dem Infektionsschutzgesetz ergibt“, sagte Richterin Philipp: „Die Ge- und Verbote waren für die Zielerreichung geeignet und auch erforderlich.“ Es sei nicht ersichtlich, dass dem sächsischen Sozialministerium eine gleich wirksame, weniger in die Grundrechte der Menschen eingreifende Maßnahme zur Verfügung gestanden habe.