Kiew, Genf (epd). Der anstehende Winter wird laut der Weltgesundheitsorganisation lebensbedrohlich für Millionen Menschen in der Ukraine. In der kalten Jahreszeit gehe es in dem von Russland angegriffenen Land ums Überleben, sagte der WHO-Regionaldirektor für Europa, Hans Kluge, am Montag in Kiew.
Rund zehn Millionen Menschen seien infolge der Gewalt und des russischen Beschusses ohne Stromversorgung. In bestimmten Gebieten der Ukraine könnte die Temperatur auf minus 20 Grad fallen. Die Menschen seien bei den eisigen Temperaturen anfällig für Atemwegserkrankungen, Herzinfarkte und Gehirnschläge. Ohne Heizung seien Einwohner des osteuropäischen Landes gezwungen, mit Kohle oder Holz Wärme zu erzeugen.
Die Rauchentwicklung sei eine zusätzliche Belastung für die Gesundheit, hielt Kluge fest. Es sei zu befürchten, dass zwei bis drei Millionen Menschen gezwungen sein könnten, auf der Suche nach Wärme und Sicherheit ihre Häuser und Wohnungen zu verlassen. Sie würden von Grippe, Lungenentzündungen, Diphterie und Masern bedroht.
Hunderte Gesundheitseinrichtungen seien nicht mehr einsatzfähig, ihnen fehle es an Energie, Medikamenten, Geräten und Personal. Entbindungsstationen bräuchten Inkubatoren. Blutbanken hätten nicht genügend Kühlschränke. Intensivpflegebetten benötigten Beatmungsgeräte.
Der WHO-Regionaldirektor betonte, dass 703 Krankenhäuser, Kliniken, Praxen und Ambulanzen angegriffen worden seien. Kluge verurteilte die Attacken als klare Verletzungen des Völkerrechts. Er betonte, dass der Krieg bei schätzungsweise zehn Millionen Menschen die mentale Gesundheit schädige. Die Kinder, Frauen und Männer litten unter extremen Stress und seien traumatisiert.
Russland begann seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine vor knapp neun Monaten. Nach UN-Angaben sind 6.595 Zivilistinnen und Zivilisten getötet und zusätzlich 10.189 verletzt worden. Die Dunkelziffer liege jedoch viel höher.