Naypyidaw, Frankfurt a.M. (epd). In Myanmar hat die Militärjunta mit der Entlassung von fast 6.000 Gefangenen begonnen. Im Zuge der Massenamnestie kamen auch prominente Ausländerinnen und Ausländer frei, wie die Nachrichtenportale „Irrawaddy“ und „Khit Thit Media“ am Donnerstag berichteten. Dazu gehörten der australische Ökonom Sean Turnell, ein früherer Berater der gestürzten Zivilregierung von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, die ehemalige britische Botschafterin Vicky Bowman sowie der japanische Dokumentarfilmer Toru Kubota. Den Berichten nach wurden Turnell, Bowman und Kubota mittlerweile nach Thailand ausgeflogen. Von einheimischen Oppositionellen wurden nur wenige aus der Haft entlassen.
Die Vereinten Nationen begrüßten die Freilassungen. Zugleich betonte das UN-Menschenrechtskommissariat, dass Tausende weitere Menschen in dem südostasiatischen Land willkürlich inhaftiert seien. Kritiker gehen davon aus, dass die Massenamnestie anlässlich von Myanmars Nationalfeiertag aufgrund zunehmenden internationalen Drucks zustande kam.
Myanmars Militär gebührt laut dem Direktor der Burma Campaign UK, Mark Farmaner, keinerlei Anerkennung dafür, dass es Menschen freigelassen habe, die es niemals hätte inhaftieren dürfen. Die Hilfsorganisation für Gefangene AAPP kritisierte die Freilassungen als „alten Trick“, der von aufeinanderfolgenden Militärregierungen angewandt worden sei. Für Myanmar mache das keinen großen Unterschied: Nicht nur verblieben viele andere politische Gefangene in Haft, auch die Festnahmen von Dissidenten dauerten an, erklärte Ko Bo Kyi, zweiter Sekretär von AAPP.
Der Australier Turnell war wenige Tage nach dem Militärputsch vom 1. Februar 2021 festgenommen und im September dieses Jahres unter anderem wegen Geheimnisverrats zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Bowman war im August gemeinsam mit ihrem myanmarischen Ehemann Htein Lin verhaftet und einen Monat später zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden. Laut Militärregime sollen sie gegen Meldebestimmungen verstoßen haben. Auch Htein Lin soll unter den Freigelassenen sein.
Der Dokumentarfilmer Kubota war im Juli festgenommen und zu insgesamt zehn Jahren Haft verurteilt worden. Das Regime warf ihm Kontakte zu Dissidenten und das Filmen einer Anti-Junta-Demonstration vor.
Von der Amnestie ausgeschlossen sind die frühere De-Facto-Regierungschefin Suu Kyi sowie eine Reihe hochrangiger Mitglieder ihrer gestürzten Partei „Nationale Liga für Demokratie“ (NLD). Suu Kyi ist zu insgesamt 26 Jahren Haft verurteilt worden, unter anderem wegen des Vorwurfs der Korruption, illegalen Imports und Besitzes von Funkgeräten, Verstößen gegen Corona-Auflagen sowie „Anstiftung zum Aufruhr“. Seit Juni sitzt die 77-Jährige in Einzelhaft.
Die Streitkräfte hatten den Putsch 2021 mit Wahlbetrug begründet, ohne Beweise vorzulegen. Suu Kyis NLD hatte die Parlamentswahlen vom November 2020 klar gewonnen. Laut der Gefangenen-Hilfsorganisation AAPP wurden seit dem Umsturz mehr als 16.200 Personen verhaftet und mindestens 2.516 Menschen getötet.