Berlin (epd). Kurz vor der Abstimmung im Bundestag über das sogenannte Triage-Gesetz haben die Behindertenbeauftragten von Bund und Ländern Kritik an der geplanten Regelung geäußert. In einer am Mittwoch veröffentlichten gemeinsamen Erklärung der Beauftragten heißt es, insbesondere die Einlassungen der Bundesärztekammer in der Anhörung zum Gesetzentwurf führten „zu erheblichen Bedenken, ob das Gesetz seinen Zweck, Menschen mit Behinderungen wirksam vor Diskriminierung zu schützen, erreichen kann“. Sie fordern eine schnelle Evaluierung und gegebenenfalls Korrektor des Gesetzes, sollte es wie geplant am Donnerstag verabschiedet werden.
Nach einer Klage von Menschen mit Behinderung hatte das Bundesverfassungsgericht Ende vergangenen Jahres den Gesetzgeber dazu aufgefordert, wirksame Vorkehrungen zu treffen, damit Behinderte bei knappen medizinischen Ressourcen im Falle einer Pandemie nicht benachteiligt werden. Über einen Gesetzentwurf der Bundesregierung will der Bundestag am Donnerstag abschließend beraten.
Der Entwurf sieht vor, dass in Fällen der Knappheit durch eine übertragbare Krankheit die Zuteilung medizinischer Ressourcen etwa im Krankenhaus nur aufgrund der aktuellen und kurzfristigen Überlebenswahrscheinlichkeit getroffen werden darf. Eine Benachteiligung wegen Behinderung, Alter, Geschlecht oder Herkunft soll ausdrücklich ausgeschlossen werden.
Der Entwurf sorgt von mehreren Seiten von Kritik. Ärztevertreter halten die Regelung für kaum praktikabel, Behindertenverbände sehen einen Diskriminierungsschutz nicht ausreichend gewährleistet. Das Deutsche Institut für Menschenrechte hatte in der vergangenen Woche eine Verschiebung der Abstimmung gefordert, um die Regelung nochmals zu überdenken.
In ihrer Erklärung äußern die Behindertenbeauftragten von Bund und Ländern Bedauern darüber, „dass es zu diesem zentralen, auch unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt betreffenden Thema keinen breit angelegten und öffentlichen Diskurs im Deutschen Bundestag gab“. Alternative rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten hätten nicht hinreichend diskutiert werden können. Bei einer Evaluierung müssten zwingend Menschen mit Behinderungen und ihre Interessenvertretungen beteiligt werden, forderte der Behindertenbeauftragte des Bundes, Jürgen Dusel.