Das Abhängen eines Kreuzes für das Treffen der G7-Außenminister im Münsteraner Friedenssaal ist auf heftige Kritik gestoßen. Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, und das Bistum Münster bezeichneten die Entscheidung am Freitag als unverständlich. Auch der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) äußerte Befremden. Die Unionsfraktion im Bundestag sieht ein Wertefundament verletzt. Der Münsteraner Oberbürgermeister Markus Lewe (CDU) bedauerte das Abhängen des Kreuzes auf Wunsch von Mitarbeitenden des Außenministeriums. Das Außenamt betonte, dass Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) mit dem Vorgang nicht befasst gewesen sei.
Es sei "vollkommen unverständlich, ja am Rande einer Groteske", dass das Außenministerium das Kreuz für die Beratungen am Donnerstag und Freitag habe abhängen lassen, sagte Kurschus dem Evangelischen Pressedienst (epd). Christliche Konfessionen hätten Europa im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) verwüstet. "Der Glaubenskrieg wurde im Friedenssaal zu Münster unter diesem Kreuz beendet und Europa damit befriedet", betonte die Theologin, die auch Präses der westfälischen Landeskirche ist.
Das Bistum Münster kritisierte ein "verkürztes Verständnis von Toleranz". Das Kreuz stehe für die Überwindung von Gewalt und Tod. Traditionen und Symbole, die Ausdruck von Werten, Haltungen und religiösen Überzeugungen seien, ließen sich nicht einfach abhängen. Es sei vielmehr hilfreich, sich damit auseinanderzusetzen.
Unverständnis äußerte auch der ZMD-Vorsitzende Aiman Mazyek. Mit dem Verweis auf den Westfälischen Frieden gehe auch die Beschäftigung mit dem Christentum und vor allem der Kirche und Aufklärung jener Zeit einher, schrieb er auf Twitter. "Eingedenk dessen kann die Konklusion dann nicht das Abhängen des Kreuzes sein, angeblich wegen Gefühlen anderer."
Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte in Berlin, das historische Ratskreuz sei im Zuge einer Umgestaltung des Saals für das G7-Ministertreffen entfernt worden. Zur Umgestaltung des Saals hätten auch anderes Mobiliar, eine andere Beleuchtung und ein Teppich gehört. Dies sei eine Absprache zwischen dem Protokoll des Außenamts und der Stadt Münster gewesen. Der Münsteraner Oberbürgermeister Lewe (CDU) erklärte, die Entscheidung "hätte so nicht getroffen werden dürfen" und er bedauere sie. "Mein Eindruck ist, dass auch die Außenministerin davon überrascht wurde."
Das historische Kreuz gehöre seit Jahrhunderten zum Friedenssaal und damit zur Geschichte des Ortes, an dem 1648 Dokumente des Westfälischen Friedens unterzeichnet wurden, sagte Lewe. "Das christliche Kreuz ist ein Zeichen der Versöhnung." Die "Westfälischen Nachrichten" (online) hatten unter Berufung auf die Stadt berichtet, das Außenministerium habe seine Bitte damit begründet, dass Menschen mit unterschiedlichem religiösem Hintergrund an dem Treffen teilnehmen würden. Auf epd-Anfrage wollte ein Sprecher der Stadt dies am Freitag nicht bestätigen.
Die kulturpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Christiane Schenderlein (CDU), sagte der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Samstag), mit der Aktion sei das Wertefundament verletzt worden, das Grundlage für politische Entscheidungen sein müsse: "Damit wird unsere kulturelle Identität vor den Augen der restlichen Welt vorsätzlich verleugnet." Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), sagte dem TV-Sender "Welt", das christliche Menschenbild sei die gemeinsame Basis der liberalen und rechtsstaatlichen Demokratien der G7-Staaten.