Bonn (epd). Die Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) hat davor gewarnt, dass in der Energiekrise die wirtschaftlichen Ängste der Deutschen gegen die Demokratie in Stellung gebracht werden könnten. „Wir Politiker registrieren in unseren Wahlkreisen, wie sich die Stimmung im Land verändert“, sagte Bas am Donnerstagabend in Bonn. Die Menschen sorgten sich vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und dessen Folgen darum, wie sie durch den nächsten Winter kommen werden. „Das ist verständlich.“ Aber die gezielte Propaganda von „Putins Trollen“ gegen die liberale Demokratie falle besonders im Internet auf fruchtbaren Boden, mahnte Bas.
„Wir dürfen die Wirkung dieser Desinformation nicht unterschätzen“, sagte die SPD-Politikerin auf einer Veranstaltung des Internationalen Clubs La Redoute. Propaganda polarisiere und spalte. „Unsere Rolle ist es, dagegenzuhalten“, appellierte Bas. Die Sorgen der Menschen dürften nicht gegen die Solidarität mit der Ukraine ausgespielt werden.
Die Bundestagspräsident sieht zudem die Gefahr, dass Teile der deutschen Gesellschaft „in eine gefährliche Scheinwelt abdriften“. Eine zentrale Aufgabe kommt ihren Worten zufolge hier der politischen Bildung zu. „Wir müssen besonders junge Menschen befähigen, politische Nachrichten zu bewerten und einzuordnen, damit sie sich mit unserer Demokratie identifizieren können“, erklärte Bas.
Aufgabe von Demokratinnen und Demokraten sei dabei immer auch, das eigene Denken zu überprüfen, sagte sie weiter. „Ich selbst habe mich nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine gezwungen gesehen, Teile meines politischen Koordinatensystems zu überdenken“, gab Bas zu. Ihr Besuch im von Kriegsverbrehen heimgesuchten ukrainischen Butscha sei da für sie ein „einschneidendes Erlebnis“ gewesen.
Laut einer am Mittwoch veröffentlichten repräsentativen Studie verfangen pro-russische Verschwörungserzählungen bei immer mehr Menschen in Deutschland. So stimmten in einer Umfrage des Center für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS) fast jeder fünfte Befragte (19 Prozent) der Aussage zu, dass der russische Angriffskrieg eine alternativlose Reaktion Russlands auf die Provokation der NATO sei.