Berlin (epd). Die weitere Nutzung von Kohle, Gas und Öl ist nach Ansicht von Experten eines der größten Gesundheitsrisiken weltweit. Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG), Martin Herrmann, erklärte am Donnerstag in Berlin, dies gelte nicht nur für Länder, die schon heute viel stärker unter dem Klimawandel litten als Europa, sondern zunehmend auch in Deutschland und Europa selbst. Die gesundheitlichen Folgen seien überall und in allen Bevölkerungsgruppen spürbar.
Herrmann bezog sich auf den jüngsten „Lancet Countdown Report“, der jährlich die Folgen des fortschreitenden Klimawandels für die menschliche Gesundheit dokumentiert. Gemeinsam mit dem Präsidenten der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, und dem Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Johan Rockström, forderte Herrmann eine Beschleunigung der Energiewende. Das Gesundheitswesen müsse zudem besser auf den Klimawandel vorbereitet werden. Rockström sagte, die Verbrennung fossiler Energieträger sei auch in Europa verantwortlich für Hunderttausende Tote jedes Jahr.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte mit Blick auf die Corona-Pandemie, es sei wissenschaftlich erwiesen, dass der Klimawandel die Entwicklung von Pandemien wahrscheinlicher mache. Die Klimakatastrophe sei die größte Krise überhaupt, sagte Lauterbach mit Blick auf den Lancet-Bericht. Politik und Gesellschaften kämen in einen Bereich „wo wir die Kontrolle verlieren können“.
Der SPD-Politiker rief jeden Einzelnen auf, zu tun, was in seiner oder ihrer Macht stehe, um weniger fossile Energie zu verbrauchen. Er nannte an erster Stelle den Verzicht auf Flüge und Verbrenner-Autos zugunsten klimafreundlicher Fortbewegungsmittel wie Bahn und Fahrrad und an zweiter Stelle eine Umstellung der Ernährung auf fleischarme Kost. Mehr Bewegung und weniger Fleischkonsum dienten zudem der eigenen Gesundheit, sagte Lauterbach.
Der „Lancet Countdown Report“ dokumentiert jährlich anhand von 43 Indikatoren das Fortschreiten des Klimawandels in vielen Ländern der Erde. Im Mittelpunkt stehen die Folgen für die globale Gesundheit. Die Deutsche Allianz für Klimawandel und Gesundheit (KLUG), an der unter anderen das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, die Charité in Berlin und die Bundesärztekammer sowie der Deutsche Pflegerat beteiligt sind, weisen auf die Bedeutung des Berichts für Deutschland hin und fordern Konsequenzen, unter anderem für das deutsche Gesundheitswesen.