Berlin (epd). Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat einen konkreten Vorschlag zur Ablösung der seit Jahren umstrittenen Vorratsdatenspeicherung vorgelegt. Wie am Dienstag aus Regierungskreisen verlautete, hat Buschmann einen Referentenentwurf in die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung gegeben, der eine Aufhebung der Vorratsdatenspeicherung und die Einführung des „Quick Freeze“-Verfahrens vorsieht. Telefon- und Internetdaten dürften demnach künftig gesichert werden, wenn sie für die Verfolgung erheblicher Straftaten von Bedeutung sein könnten.
Dies wäre etwa bei schweren Straftaten wie Mord, Erpressung oder sexuellem Kindesmissbrauch der Fall. Bei einer Konkretisierung des Verdachts gegen eine bestimmte Person dürften sie dann „aufgetaut“ und verwendet werden. Für beide Schritte des „Quick Freeze“-Verfahrens wäre jeweils ein richterlicher Beschluss erforderlich. Das Verfahren unterscheidet sich von der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung, weil Nutzerdaten nur anlassbezogen gesichert werden dürfen.
Bei der Vorratsdatenspeicherung werden Daten wie Telefonnummer, IP-Adresse oder Standortdaten dagegen anlasslos von allen Nutzerinnen und Nutzern gespeichert. Um Inhalte der Kommunikation geht es dabei nicht. Mehrere Gerichte sahen aber auch in der anlasslosen Speicherung von Verkehrsdaten, über die sich etwa Bewegungsprofile erstellen ließen, einen zu schweren Eingriff in die Privatsphäre. Zuletzt erklärte der Europäische Gerichtshof (EuGH) die massenhafte Speicherung für unzulässig und kippte die deutsche Regelung, die wegen der Rechtsstreitigkeiten seit Langem ohnehin ausgesetzt ist.
Buschmann und die FDP insgesamt sind erklärte Gegner der Vorratsdatenspeicherung. Im „Quick Freeze“-Verfahren sieht der Justizminister ein sinnvolles und ausreichendes Instrument für die Sicherheitsbehörden. Die Neuregelung führe zu verbesserten Ermittlungsmöglichkeiten, ohne tief in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung einzugreifen, heißt es im Entwurf.
Innerhalb der Bundesregierung dürfte es aber auch Widerspruch zu dem Vorschlag geben. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte mit Verweis auf das EuGH-Urteil, das bezogen auf IP-Adressen eine allgemeine Speicherung für zulässig erklärte, deutlich gemacht, nicht gänzlich auf das Instrument der Vorratsdatenspeicherung verzichten zu wollen. Sie verwies dabei wiederholt insbesondere auf die Verfolgung der Verbreitung von Missbrauchsdarstellungen im Netz. Zum Vorschlag von Buschmann äußerte sie sich am Dienstag zunächst nicht.
Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP war vereinbart worden, eine Regelung so auszugestalten, „dass Daten rechtssicher anlassbezogen und durch richterlichen Beschluss gespeichert werden können“. Kernbegriffe dieser Vereinbarung finden sich bereits auf den ersten beiden Seiten des Referentenentwurfs aus dem Bundesjustizministerium.
Daten könnten nach dessen Plänen für einen Monat eingefroren werden, mit der Möglichkeit einer zweimaligen, jeweils einmonatigen Verlängerung. Voraussetzung dafür ist, dass die Telekommunikationsunternehmen die Daten gespeichert haben. Eine Ausnahme gäbe es wie auch bislang für sogenannte Berufsgeheimnisträger wie Anwälte und Geistliche. Für andere Berufsgruppen mit einem Zeugnisverweigerungsrecht wie Ärzten, Journalistinnen und Mitarbeiter von Beratungsstellen gäbe es höhere Hürden für die Speicherung der Daten.