Essen (epd). Die neue generalistische Ausbildung für Pflegefachkräfte wird den Personalmangel nach Ansicht von Silke Gerling vom Diakoniewerk Essen nicht wesentlich entschärfen. „Ich bin skeptisch, ob es am Ende wesentlich mehr ausgebildete Kräfte geben wird“, sagte die Sprecherin der Ruhrgebietskonferenz Pflege dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zwar entschieden sich mehr junge Menschen in Nordrhein-Westfalen für eine Ausbildung in der Pflege. Aber die Abbrecherquote sei nach wie vor hoch. Zudem sei abzuwarten, wie viele Auszubildende des ersten Jahrgangs unter dem neuen System die demnächst anstehenden Prüfungen bestünden und dann auch weiterhin im Pflegeberuf blieben.
Die seit Anfang 2020 geltende generalistische Pflegeausbildung sollte den Berufseinstieg für junge Menschen attraktiver machen. Sie verbindet die bis dahin getrennten Ausbildungen in der Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege, sodass die Absolventinnen und Absolventen in allen drei Bereichen arbeiten können. Die Zahl der Pflege-Auszubildenden nahm nach Einführung der neuen Ausbildungsordnung laut Ruhrgebietskonferenz Pflege um fast zehn Prozent zu. Mehr als 92 Prozent der Auszubildenden gäben an, nach Ende ihrer Ausbildung im Pflegeberuf arbeiten zu wollen.
„Aber das reicht nicht aus. Wir müssen deutlich mehr Menschen für diesen Beruf gewinnen“, sagte Gerling. Das werde nur mit Hilfe ausländischer Fachkräfte gehen. Deren Anerkennung gestalte sich aber noch zu schwierig. Ein Problem sei, dass ausländische Interessenten für die Pflegeassistenzausbildung keinen Aufenthaltstitel erwerben könnten, da diese Ausbildung nur ein Jahr dauere.
Gerling kritisierte, dass die Ausbildung für alle Pflegebereiche zwar nun gleich sei, die Bezahlung sich aber immer noch unterscheide. Die Träger von Einrichtungen der Altenpflege seien benachteiligt, weil die Fachkräfte dort weniger verdienten. „Wir leiden schon seit Jahrzehnten darunter, dass es da unterschiedliche Vergütungssystematiken gibt“, klagte Gerling. Die Erwartung, dass es im Zuge der Ausbildungs-Generalisierung auch die Bezahlung angeglichen werde, habe sich bislang nicht erfüllt.
„Einige unserer Auszubildenden haben uns deshalb gesagt, dass sie künftig im Krankenhaus arbeiten wollten, weil sie dort mehr Geld und mehr Urlaubstage bekommen.“ Hier sei die Politik gefragt, die gesamte Finanzierungssystematik der Pflege umzustellen, forderte Gerling, die beim Diakoniewerk Essen den Geschäftsbereich Behindertenhilfe, Senioren- und Krankenhilfe leitet.
Generell sei der Pflegeberuf jedoch besser als sein Image. So sei es ein Mythos, dass man in der Pflege schlecht verdiene. Das Gehalt einer Pflegefachkraft sei auf dem gleichen Niveau wie das eines kaufmännischen Angestellten, betonte Gerling. Die Gehälter im Pflegebereich seien in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Auch die Betreuung der Auszubildenden mit festen Ansprechpartnern habe sich verbessert.
Die Ruhrgebietskonferenz Pflege ist eine unabhängige Arbeitgeberinitiative, der nach eigenen Angaben 40 öffentliche und private Pflegeunternehmen mit rund 20.000 Beschäftigten aus dem ganzen Ruhrgebiet angehören.