Frankfurt a.M., Hpakant (epd). Im Norden Myanmars sind bei Luftangriffen durch das Militär am Sonntagabend Dutzende Menschen getötet worden. Wie das Nachrichtenportal „Khit Thit Media“ am Montag berichtete, wurden im Kachin-Staat mindestens 60 Menschen getötet. Zunächst war die Rede von 30 Toten, darunter auch populäre Künstler der ethnischen Kachin-Minderheit. Die Bombardierungen erfolgten während eines Konzerts in der Gemeinde Hpakant am Vorabend des 62. Jahrestags der Gründung der Unabhängigkeitsorganisation „Kachin Independence Organisation“ (KIO). Beobachter gehen davon aus, dass die Zahl der Toten weiter steigt.
Seit Jahrzehnten gehört der von den Kachin bewohnte nördliche Bundesstaat zu den Konfliktregionen im Vielvölkerstaat Myanmar. Die ethnische Minderheit fordert mehr Selbstbestimmung und Rechte. Der bewaffnete Arm der KIO kämpft nicht erst seit dem Putsch vom Februar vergangenen Jahres gegen Myanmars Junta. Im Juni 2011 hatten die Militärs einen 17 Jahre alten Waffenstillstand mit den Kachin-Rebellen gebrochen. Menschenrechtsorganisationen zufolge hat sich der blutige Konflikt seitdem mit jedem Jahr verschlimmert.
Auch andere von ethnischen Minderheiten bevölkerte Regionen wie der Bundesstaat Shan im Nordosten und der Bundesstaat Karen im Osten sind bis heute Bürgerkriegsgebiete. Lokale Menschenrechtsorganisationen berichten dort ebenfalls von Luftangriffen der Militärjunta vornehmlich gegen Zivilistinnen und Zivilisten, darunter etliche Kinder.
Seit dem Militärputsch 2021 ist das ganze Land in Chaos und Gewalt versunken. Laut der Gefangenen-Hilfsorganisation AAPP wurden mindestens 2.377 Menschen von der Junta ermordet. Mehr als 15.900 Personen wurden verhaftet, von denen die meisten weiterhin hinter Gittern sitzen. Viele Gegnerinnen und Gegner des Regimes, vor allem junge Leute, sind in den bewaffneten Widerstand gegangen. Landesweit kämpfen sie als „Volksverteidigungskräfte“ teils gemeinsam mit etablierten Rebellengruppen, teils auch unabhängig gegen die Militärdiktatur.