Berlin (epd). Mit einer Einmalzahlung in diesem Jahr und einer Gaspreisbremse im nächsten Jahr sollen Privathaushalte nach Empfehlung der von der Bundesregierung berufenen Experten-Kommission in der Energiekrise entlastet werden. Die Vorsitzenden des Gremiums stellten am Montag in Berlin ihren Zwischenbericht vor, der das zweistufige Vorgehen enthält. Demnach soll der Staat im Dezember die Abschlagszahlungen von Gaskunden übernehmen. Zwischen Anfang März 2023 und Ende April 2024 soll nach ihrem Vorschlag eine Gas- und Wärmepreisbremse gelten.
Dabei würde ein staatlicher Zuschuss bewirken, dass die Preise auf zwölf Cent pro Kilowattstunde sinken - aber lediglich für 80 Prozent des geschätzten bisherigen Verbrauchs, um weiterhin einen Sparanreiz zu geben. Für den Rest der verbrauchten Menge oberhalb dieses Kontingents gelte dann der vertraglich vereinbarte Arbeitspreis. Für Fernwärmekunden, die ebenfalls vom Gaspreisanstieg betroffen sind, soll eine Preisbremse eingeführt werden, mit der ein garantierter Brutto-Preis von 9,5 Cent pro Kilowattstunde Fernwärme eingeführt wird - ebenfalls für ein Kontingent von 80 Prozent.
In der Industrie soll es ab Januar einen Preisdeckel geben. Die Fachleute schätzen die Kosten für ihren Vorschlag auf 90 bis 95 Milliarden Euro, rund 65 Milliarden Euro davon kämen Haushalten und kleinen Unternehmen zugute, 25 Milliarden Euro der Industrie.
Rund fünf Milliarden Euro würde laut Kommission die Übernahme der Abschlagszahlung im Dezember kosten, die dem Vorschlag zufolge automatisch von Versorgern und im Falle von Mietern durch die Verwaltung abgewickelt würde. Diese Einmalzahlung käme allen Gasverbrauchern zugute, auch Gutverdienern, Vielverbrauchern und Kunden, deren Versorger die Preise bislang nicht angehoben haben. Über die Umsetzung der Kommissionsvorschläge muss nun die Bundesregierung entscheiden.
Nach Veröffentlichung der Vorschläge wurde auch Kritik daran laut. Energieexpertin Claudia Kemfert befürchtete mit Blick auf die Einmalzahlung Ungerechtigkeiten. Denn diese soll laut Kommission auf Basis der Abschlagszahlung aus September 2022 erfolgen. Kemfert erklärte, Kunden, die schon sehr viel Gas eingespart hätten, würden dafür bestraft, indem sie weniger Entlastung bekämen. Die Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) schlug stattdessen etwa Prämien für das Energiesparen vor.
Der Paritätische Gesamtverband forderte Direkthilfen zum Beispiel durch eine Energiekostenkomponente sowie eine schnellstmögliche pauschale Erhöhung der Regelsätze um 200 Euro, um Menschen in Haushalten mit geringem Einkommen vor sozialer Not zu schützen. Nötig sei „vor allem eine zielgenaue und wirkungsvolle Entlastung derjenigen, die wegen der insgesamt gestiegenen Lebenshaltungskosten ohnehin schon mit dem Rücken an der Wand stehen“, sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag).
Klima-Ökonom Ottmar Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) sah derweil das Risiko, dass in Deutschland auch weiterhin zu wenig Gas gespart wird.
Gas kostet laut Vergleichsportal Verivox im Oktober durchschnittlich 20,53 Cent pro Kilowattstunde - früher lag der Preis bei knapp sieben Cent. Die vorgeschlagene Gaspreisbremse würde nach Berechnungen des Portals die Preise um rund ein Drittel senken.