Berlin (epd). Vor dem Hintergrund drastisch gestiegener Energiepreise hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Verständnis für die Ungeduld von Bürgerinnen und Bürgerinnen geäußert und zugleich um Vertrauen in das Krisenmanagement der Politik geworben. „Wenn die Energiepreise weiter so enorm steigen, werden auf die Privathaushalte beispiellos hohe Heizkosten zukommen“, sagte Steinmeier dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auch die Wirtschaft werde massiven finanziellen Zusatzbelastungen ausgesetzt sein. Die Politik wisse, „dass sie jetzt schnell und genau sein muss“.
„Meine Botschaft an die Menschen ist, dass die Politik derzeit mit aller Kraft an Lösungen arbeitet, um Härten abzumildern“, sagte Steinmeier. An diesem Wochenende berät die von der Bundesregierung eingesetzte Gaskommission, wie der angestrebte Gaspreisdeckel umgesetzt werden soll.
Steinmeier verwies auf die starke Wirtschaft und den Sozialstaat in Deutschland. „Wir haben in der Corona-Pandemie gesehen, dass der Staat viel Geld in die Hand genommen hat, um Verwerfungen bei Privathaushalten und in Unternehmen zu verhindern“, sagte der Bundespräsident. Bürgerinnen und Bürger könnten darauf vertrauen, „dass der Staat die Menschen auch in dieser Krise nicht im Stich lässt, sondern hilft“.
Steinmeier bricht am Dienstag erneut zu einem seiner „Ortszeit“-Besuche auf, bei denen er mehrere Tage aus einer anderen Stadt die Amtsgeschäfte führt. Diesmal reist er nach Neustrelitz (Mecklenburg-Vorpommern). Mit Blick auf in Ostdeutschland schwindendes Vertrauen in die Demokratie mahnte das Staatsoberhaupt, sich ernsthaft und intensiv mit den Ursachen zu beschäftigen.
„Hinter uns liegen mehr als zwei Jahre der Pandemie, die uns viel abverlangt, die viele erschöpft hat und nicht wenige in existenzielle Nöte gebracht hat“, sagte der Bundespräsident. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und seine Folgen verunsicherten viele Menschen zusätzlich. „Gerade in Ostdeutschland, wo es kaum größere Unternehmen gibt und die Menschen kaum Reserven haben, sind die Sorgen groß“, mahnte Steinmeier. Sie wüssten aus eigener Erfahrung, wie heftig Umbrüche den Alltag veränderten.
Steinmeier verurteilte zugleich „laute, teils extremistische Gruppierungen“, die die Verunsicherung missbrauchten, um die demokratische Ordnung insgesamt zu diffamieren. „Diesen Versuchen müssen wir, will ich entgegentreten“, sagte er und ergänzte, er wolle mit Begegnungen mit Menschen vor Ort durch Zuhören, Erklären und auch über kontroverse Debatten wieder Vertrauen in die Kraft der Demokratie schaffen.
Steinmeier verurteilte zudem Versuche von Gruppierungen, die friedliche Revolution für extremistische Proteste zu vereinnahmen. „Dass sich einige von ihnen allen Ernstes auf die friedliche Revolution von 1989 berufen, die ja zum Ziel hatte, ein Unrechtssystem abzuschaffen, und gleichzeitig großes Wohlwollen und Verständnis für Autokratie und Unterdrückung in Russland aufbringen, verhöhnt die unglaublich mutigen Menschen, die damals in der DDR auf die Straße gegangen sind“, sagte er: „Es ist ein Missbrauch des Mauerfalls für antidemokratische Stimmungsmache, der ich nachdrücklich widerspreche.“