Stahnsdorf (epd). Nach der umstrittenen Beisetzung eines Neonazis auf dem evangelischen Südwestkirchhof in Stahnsdorf bei Potsdam vor einem Jahr haben Landeskirche und Friedhofsverwaltung Konsequenzen gezogen. Für das reguläre Verfahren von Neubeisetzungen auf nicht mehr betreuten und ruhenden Gräbern seien inzwischen tiefgehende, umfassende Prüfungen auferlegt worden, sagte Friedhofsverwalter Olaf Ihlefeldt dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Freitag in Stahnsdorf.
„Das heißt, sollten die historischen Daten von früher Bestatteten kulturhistorisch, gesellschaftspolitisch oder religiös sensibel sein, werden Neubeisetzungen erst nach umfassender Recherche freigegeben“, sagte Ihlefeldt: „Ganz besonders geschützt vor Neubelegungen sind die Gräber der Menschen jüdischer Abstammung.“
Der Neonazi Henry Hafenmayer war am 8. Oktober 2021 in einem lange aufgegebenen Grab eines jüdischstämmigen Protestanten auf dem Südwestkirchhof beigesetzt worden. Der Grabstein des Musikwissenschaftlers Max Friedlaender (1852-1934) stand dort noch. An der Beisetzung nahmen auch weitere Rechtsextremisten und Antisemiten teil, darunter der Holocaustleugner Horst Mahler. Der Fall hatte für große Empörung gesorgt.
Grundsätzlich stehe es zwar weder der evangelischen Kirche noch anderen Organisationen in Deutschland zu, die Hintergründe von Verstorbenen oder Angehörigen hinsichtlich ihrer Herkunft, politischen Orientierung oder religiösen Bindung in Bezug auf eine Anmeldung zu einer Bestattung zu beurteilen, sagte Ihlefeldt. Sollten jedoch Erkenntnisse über antisemitische und menschenfeindliche Äußerungen oder Handlungen der verstorbenen Person bekannt sein, werde von Friedhofsverwaltung und Leitungsgremien der Landeskirche gemeinsam entschieden, „ob die Bestattung auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf abgelehnt werden muss“.
Eine Bestattung auf einem kirchlichen Friedhof komme insbesondere dann nicht in Betracht, wenn zu befürchten sei, dass die Beisetzung für antisemitische oder rechtsradikale Äußerungen genutzt werden soll, sagte Ihlefeldt. Angehörige hätten zudem die Möglichkeit, auf verschiedenen Friedhöfen in der Region ein Grab für die Verstorbenen einzurichten.
„Wenn also bei uns die Bestattung eines Verstorbenen angemeldet wird und der Mensch hat sich zu Lebzeiten nachweislich gegenüber anderen Menschen unwürdig oder antisemitisch geäußert und rechtsradikale Propaganda betrieben, ist dies ein konkreter Fall zur Ablehnung einer Bestattung auf dem Südwestfriedhof“, sagte Ihlefeldt.