Berlin (epd). Die Präsidentin des Deutschen Pflegerats, Christine Vogler, hat bessere Arbeitsbedingungen, angemessene Löhne und Mitbestimmung für die Pflege im Gesundheitswesen gefordert. Zugleich warb sie um Unterstützung von Politik und Gesellschaft. Vogler sagte zum Auftakt des diesjährigen Deutschen Pflegetags am Donnerstag in Berlin, wenn die professionelle Pflege durch eine ernsthafte Reform des Gesundheitswesens jetzt keine Unterstützung erhalte, „wird Pflege nicht mehr stattfinden“. Mehrere Verbände forderten eine regelmäßige Anhebung des Pflegegeldes für pflegende Angehörige.
Pflegerats-Chefin Vogler sagte, die Politik habe bis heute nicht erkannt, welche Leistungen professionelle Pflege erbringe: „Wir sind kein Assistenzberuf“. Sie kritisierte die Bevormundung einer ganzen Berufsgruppe am Beispiel der Maskenpflicht in Pflegeeinrichtungen. Den Corona-Schutz regelten die Pflegenden in den Einrichtungen eigenverantwortlich. Die alten Menschen sind seit Anfang Oktober bundesweit verpflichtet, in Gemeinschaftsräumen Masken zu tragen, während sich im öffentlichen Leben fast nichts geändert hat.
Vogler erneuerte die Forderung des Pflegerats nach einem allgemeinen Heilberufegesetz, durch das die Kompetenzen der Pflegekräfte erweitert würden. Die Ampel-Koalition hat ein solches Gesetz angekündigt. Die Arbeitsbedingungen hätten sich trotz zahlreicher gesetzlicher Änderungen nicht verbessert, kritisierte Vogler. Die Not sei groß, Veränderungen dauerten viel zu lange.
Im Jahr 2023 würden voraussichtlich 500.000 Pflegekräfte fehlen, warnte Vogler. Es könnten nur mehr Menschen für den Beruf gewonnen werden, wenn die Ausbildung und Arbeitsbedingungen verbessert würden, es gute Aufstiegsmöglichkeiten gebe und die Bezahlung angemessen sei. Das Grundniveau für einen gerechten Lohn müsse auf 4.000 Euro angehoben werden.
Verbraucherschützer, der Sozialverband VdK und die AWO richteten die Aufmerksamkeit auf pflegende Angehörige und forderten von der Ampel-Koalition eine regelmäßige Anhebung des Pflegegeldes. VdK-Präsidentin Verena Bentele und die AWO erinnerten SPD, Grüne und FDP daran, dass die Erhöhung des Pflegegeldes im Koalitionsvertrag stehe. Die Leistung für Angehörige, die selbst pflegen, sei seit 2017 nicht mehr erhöht worden, kritisierte die AWO.
Thomas Moormann vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag), die Betroffenen könnten nicht auf seit Jahren angekündigte Reformen warten. Die Heimbewohner bräuchten ebenfalls dringend Entlastungen, ihre Eigenanteile seien um mehrere hundert Euro, teils bis in den vierstelligen Bereich gestiegen, sagte er.
Auch nach Ansicht des Duisburger Diakonie-Vorstandes Ulrich Christofczik muss die Finanzierung der Pflege schnell radikal reformiert werden. „Die Vorschläge dazu liegen seit Jahren auf dem Tisch“, sagte der Geschäftsführer der Ev. Altenhilfe Duisburg GmbH dem Evangelischen Pressedienst (epd). Doch sie würden von der Politik ignoriert, sagte der Sprecher der Ruhrgebietskonferenz-Pflege.
Der Deutsche Pflegetag findet seit 2014 statt und ist inzwischen der wichtigste Kongress für die Pflege. Im Deutschen Pflegerat haben sich Berufs- und Pflegeverbände zusammengeschlossen, etwa der Hebammenverband, der Verband für Pflegeberufe oder Pflegewissenschaftler sowie Fachgesellschaften. Er gehört zu den Ausrichtern des zweitägigen Treffens mit mehreren tausend Teilnehmerinnen und Teilnehmern bis Freitag in Berlin.