Bremen (epd). Die Verstaatlichung des angeschlagenen Gasimporteurs Uniper war aus Sicht des Bremer Wirtschaftswissenschaftlers Rudolf Hickel unverzichtbar. „Hier passt der Vergleich mit der Rettung von Großunternehmen in der Corona-Krise“, sagte der Finanzexperte am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd). Durch die Vernetzung vor allem über die Stadtwerke sei das Unternehmen systemrelevant. Hickel forderte zugleich einen Dreierschritt zur Bewältigung der Preiskrise auf dem Gasmarkt.
Das Bundeswirtschaftsministerium hatte am Mittwoch angekündigt, dass Uniper verstaatlicht werden soll. Demzufolge hat sich der Bund mit dem finnischen Mutterkonzern Fortum auf ein Stabilisierungspaket geeinigt. Vorgesehen ist unter anderem eine Kapitalerhöhung von acht Milliarden Euro, im Ergebnis würde der Bund 99 Prozent der Anteile an Uniper übernehmen. „Die staatliche Finanzierung des Engagements ist nachvollziehbar“, begrüßte Hickel den Plan.
Zur Frage der Gasumlage sagte der langjährige Direktor des Bremer Instituts Arbeit und Wirtschaft, sie sei mit der Verstaatlichung von Gasanbietern nicht vereinbar. Insgesamt sei die Gasumlage zwar ein durchdachtes Konstrukt, aber die Voraussetzungen und Wirkungen seien nicht erkannt worden. „Dabei hätte ein Anruf bei der Netzagentur gereicht um zu erfahren, dass nur zwölf Anbieter mit oligopolistischer Marktstellung betroffen sind.“ Wenn die Gasumlage kommt, muss sie nach den bisherigen Plänen von allen Gaskunden bezahlt werden. Sie würde dann rund 2,4 Cent pro Kilowattstunde betragen.
Im Zusammenhang mit der Verstaatlichung und mit Blick auf den Gasmarkt insgesamt stellen sich Hickel auch grundsätzliche Fragen. Erst einmal gehe es um eine Stabilisierung von Uniper, sagte er. Um die explodierenden Gaspreise bezahlen zu können, seien Finanzmittel in Milliardenhöhe nötig. „Zugleich sollte der Staat auch zur Steuerung der Gasversorgung übergehen.“
Dazu empfiehlt der Wissenschaftler einen Dreierschritt: „Eine vorübergehende Staatsübernahme der in Not geratenen Gaslieferanten, die Einführung einer Gaspreisbremse mit entsprechenden Maßnahmen auch für die Wirtschaft und die Mobilisierung einer Sondersteuer auf die Übergewinne, um die Belastungen zu finanzieren.“
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte angedeutet, dass auch eine Verstaatlichung der beiden anderen großen deutschen Gasimporteure VNG und SEFE als systemrelevante Unternehmen in Frage kommen könnte. Der Düsseldorfer Energiekonzern Uniper war wegen der ausbleibenden Gaslieferungen aus Russland finanziell in eine existenzbedrohende Lage geraten. Das Unternehmen beliefert mehr als 100 Stadtwerke und große Unternehmen mit Gas, das nun teuer hinzugekauft werden muss.