Bad Saarow (epd). Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) und ihre polnische Amtskollegin Anna Moskwa haben keine Einigkeit über den Umgang mit der Oder nach dem Fischsterben erzielt. Moskwa lehnte Lemkes Forderung nach einem Stopp des Oder-Ausbaus beim deutsch-polnischen Umweltrat im brandenburgischen Bad Saarow ab: „Darüber haben wir keine Einigkeit erreicht“, sagte Lemke im Anschluss an das Treffen.
Es gebe „keinen Grund, diese Maßnahmen abzubrechen“, betonte ihre Amtskollegin Moskwa. Die Arbeiten dienten dem Schutz vor Hochwasser und Trockenheit. Damit würden Maßnahmen zur Regulierung der Oder, die im 19. Jahrhundert nach deutschem Vorbild durchgeführt worden seien, rückgebaut. Ein Verzicht auf die Maßnahmen würde das Austrocknen des Flusses und Hochwasser fördern.
Es liege auf der Hand, dass „diese Katastrophe historischen Ausmaßes ein Innehalten erfordert“, sagte Lemke weiter in Bezug auf den Oder-Ausbau. Dabei gehe es um die Frage, ob die Regeneration des Flusses oder die weitere Nutzung der Oder im Vordergrund stünden. Die natürlichen Regenerations-Kräfte der Oder dürften nicht gestört werden. Sie forderte dazu auf, gemeinsam nach Lösungen zu suchen, wie Hochwasserschutz, Schifffahrt und der Schutz von Trinkwasser und des Ökosystems gewährleistet werden könnten.
Die Ministerinnen vereinbarten, Workshops mit Experten aus beiden Ländern über die Regenerierung der Oder und Goldalgen zu veranstalten, deren Blüte zum Fischsterben geführt haben soll. So könnten beide Seiten einen Überblick über Maßnahmen erhalten, die einen Fortschritt bei der Wiederbelebung des Flusses bringen könnten, fügte Lemke hinzu.
Moskwa warf Umweltverbänden im Zusammenhang mit der Suche nach den Ursachen der Umweltkatastrophe „Mythenbildung“ vor. Die Oder sei seit Jahrhunderten ein regulierter Fluss, der jetzt „wieder in Ordnung“ gebracht werde.
Hauptanliegen müsse es sein, gemeinsam die Ursache des Fischsterbens und die Verursacher festzustellen, sagte Lemke. Es müsse sichergestellt werden, dass sich eine solche Katastrophe nicht wiederhole. In diesem Zusammenhang forderte sie dazu auf, Alarmpläne zu verbessern, um das Ökosystem des Flusses besser zu schützen. „Dafür brauchen wir eine gute bilaterale Zusammenarbeit“, sagte die Umweltministerin vor dem Hintergrund von Spannungen zwischen Polen und Deutschland im Umgang mit dem Fischsterben in der Oder und der Suche nach dessen Ursachen.
Weitere Themen des deutsch-polnischen Umweltrats waren die illegale Verbringung von deutschem Abfall nach Polen. Dieser Export sei mit „krimineller Energie“ erfolgt, beklagte Lemke. Die Verantwortlichen müssten zur Verantwortung gezogen werden. Die deutsche Umweltministerin will sich dafür einsetzen, dass illegale Abfallexporte innerhalb der Europäischen Union in Zukunft strenger geahndet werden.
Überdies ging es um die Suche nach einem Endlager für radioaktive Abfälle und Polens Pläne für ein neues Atomkraftwerk. Polen habe Jahrzehnte lang in der Nähe deutscher Kernkraftwerke gelebt, die die deutsche Energiesicherheit gewährleistet hätten, sagte Moskwa in diesem Zusammenhang. Nun wolle auch Polen seine Energieversorgung auf diese Weise sichern.