Berlin (epd). Das Bundeskabinett hat neue Corona-Regeln für den kommenden Herbst und Winter gebilligt. Es beschloss am Mittwoch in Berlin Änderungen am Infektionsschutzgesetz. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte nach der Kabinettssitzung, es werde weniger Regeln geben, sie seien aber leichter und schneller einsetzbar. Zugleich mahnte er, die Regeln ernst zu nehmen und forderte die Bundesländer auf, sie einzusetzen. „Der Herbst wird schwierig werden“, warnte Lauterbach, auch wenn das niemand mehr hören wolle. Es gehe darum, eine hohe Zahl von Todesfällen, viele Arbeitsausfälle und schwere Langzeitfolgen nach Covid-19-Erkrankungen zu verhindern.
Dem Entwurf zufolge, auf den Lauterbach sich Anfang August mit Justizminister Marco Buschmann (FDP) verständigt hatte, sollen ab Oktober bundesweit nur wenige Regeln gelten und ansonsten die Länder entscheiden, ob und wann sie die Corona-Maßnahmen verschärfen. Bundesweit einheitlich gilt eine Masken- und Testpflicht für Besucher und Personal von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Im öffentlichen Fern- und Flugverkehr müssen FFP2-Masken getragen werden.
Ansonsten können die Bundesländer ihre Corona-Maßnahmen je nach Lage verschärfen. Um die Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens zu gewährleisten, können sie Masken im öffentlichen Personennahverkehr und in öffentlich zugänglichen Innenräumen wie Restaurants vorschreiben. Anders als zunächst vorgesehen müssen sie für die Maskenpflicht in Innenräumen keine Ausnahmen für geimpfte und genesene Personen vorsehen, können dies aber tun. Negativ getestete Menschen müssen hingegen keine Masken tragen, wenn sie an Sport- oder Kulturveranstaltungen teilnehmen oder ins Restaurant gehen wollen.
Außerdem sollen die Länder Tests anordnen können, etwa in Schulen und Kindertagesstätten, und eine Maskenpflicht ab der fünften Klasse vorschreiben können, wenn andernfalls der Präsenzunterricht nicht aufrechtzuerhalten ist. Schulen und Kindertagesstätten sollen grundsätzlich offengehalten werden, Lockdowns und Kontaktsperren sind nicht vorgesehen. In einem zweiten Schritt können die Länder die Maskenpflicht erweitern, Abstandsregeln und Personenobergrenzen für Veranstaltungen einführen. Voraussetzung ist, dass die Gesundheitsversorgung oder die kritische Infrastruktur in Gefahr sind, also das Funktionieren von Polizei oder Feuerwehr.
Justizminister Buschmann betonte, die vorgeschlagenen Regelungen seien sehr maßvoll. So sei der private Bereich ausgenommen. Niemand werde zählen, wer bei wem zu Besuch sei. Er betonte aber zugleich, das letzte Wort habe der Bundestag. Angesprochen auf die öffentliche Debatte um Masken im Flugzeug, sagte Buschmann, „politisch wäre es klug“ in Regierungsfliegern die gleichen Regeln anzuwenden, wie sie für die Bevölkerung gelten. Zugleich betonten Buschmann und Lauterbach, dass keine geltenden Regeln verletzt worden seien.
Über die Maskenpflicht in Flugzeugen wird seit einigen Tagen diskutiert, nachdem in einem Regierungsflieger mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) auf dem Weg nach Kanada die meisten Mitreisenden keine Masken getragen hatten. Der Zugang zu der Bundeswehr-Maschine war nur mit einem aktuellen negativen PCR-Test möglich. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte, dass die Luftwaffe die Corona-Regeln für Flüge selbst festlege: „Hier gelten andere Regeln.“ Derzeit gelte, dass Passagiere geimpft, genesen oder negativ getestet sein, aber keine Masken tragen müssen.
Die neuen Regeln für die Bevölkerung sollen vom 1. Oktober an bis zum 7. April 2023 gelten. Die derzeitigen Bestimmungen, die zum 23. September auslaufen, werden bis Ende September verlängert. Der Entwurf muss nun im Bundestag und Bundesrat beraten und beschlossen werden.