Wiesbaden (epd). Im zweiten Pandemiejahr 2021 ist einer Studie zufolge in einigen Teilen Deutschlands die Lebenserwartung stark gesunken. Das zeigen erstmalige Berechnungen des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB), wie das Institut am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte. Deutschland habe bei der Lebenserwartung 2021 insgesamt etwas stärkere Rückgänge verzeichnet als 2020, hieß es weiter. Im internationalen Vergleich stehe Deutschland aber relativ gut da.
Nach der Untersuchung ging die durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt in Deutschland im Verlauf des ersten Corona-Jahres 2020 bei Männern um 0,2 Jahre von 78,7 auf 78,5 Jahre und bei Frauen von 83,5 auf 83,4 Jahre um 0,1 Jahre zurück. Als 2021 die Alpha- und Deltavarianten des Coronavirus dominierten, sei sie bei Männern um weitere 0,4 auf 78,1 Jahre und bei Frauen um 0,3 auf 83,1Jahre gesunken.
Dabei zeigen sich deutliche regionale Unterschiede: In den besonders von Corona-Wellen betroffenen Bundesländern Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen lag die Lebenserwartung von Männern 2021 im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie demnach rund eineinhalb Jahre niedriger, bei Frauen etwas mehr als ein Jahr. Am besten stehe Schleswig-Holstein da: Dort kletterte die Lebenserwartung zwischen 2019 und 2021 bei Männern sogar um 0,2 Jahre, während Frauen einen vergleichsweise geringen Rückgang um 0,2 Jahre hatten.
Vor dem Beginn der Corona-Pandemie Anfang 2020 war die durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt in Deutschland jährlich um etwa 0,1 Jahre gestiegen. Die Zahlen seien ein Beleg für die Gefahr, die vom Coronavirus ausgehen könne, erklärte das Institut.
Die starken regionalen Unterschiede verdeutlichten zusätzlich, dass neben den nationalen Rahmenbedingungen auch regionale Faktoren einen Einfluss auf die Sterblichkeit hätten. Hierzu zählten etwa Unterschiede in der Infektionslage, den ergriffenen Maßnahmen und dem Verhalten der Bevölkerung, sagte BiB-Forschungsdirektor Sebastian Klüsener.
Westdeutsche Bundesländer haben laut Studie im internationalen Vergleich relativ geringe Rückgänge der Lebenserwartung verzeichnet. Das gelte sowohl für 2020 wie auch für 2021.
Für Ostdeutschland bewegt sich der Rückgang der Lebenserwartung zwischen 2019 und 2021 in der Größenordnung von England und Wales, die stark von der Corona-Pandemie betroffen waren. Im Vergleich zu den direkten Nachbarn Tschechien und Polen, wo bei den Männern Rückgänge von 2 beziehungsweise 2,4 Jahren und bei den Frauen Rückgänge von 1,5 beziehungsweise 2 Jahren verzeichnet wurden, fallen die Rückgänge der Lebenserwartung in Ostdeutschland (Männer 1,3 Jahre, Frauen 0,8 Jahre) dagegen geringer aus.