Gesamtmetall-Präsident hält Rente mit 70 für unausweichlich

Gesamtmetall-Präsident hält Rente mit 70 für unausweichlich
Rente erst mit 70: Aus Sicht des Gesamtmetall-Präsidenten Wolf führt kein Weg daran vorbei. Widerspruch kommt aus Sozialverbänden, Gewerkschaften und der Linken.

Berlin (epd). Der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Stefan Wolf, hält ein Renteneintrittsalter von 70 Jahren und höhere Wochenarbeitszeiten für unausweichlich. „Stufenweise werden wir auf das Renteneintrittsalter von 70 Jahren hochgehen müssen - auch weil das Lebensalter immer weiter steigt. Ansonsten wird das System mittelfristig nicht mehr finanzierbar sein“, warnte Wolf. Die Forderung des Gesamtmetall-Chefs stieß auf Protest von Gewerkschaften und Sozialverbänden. IG-Metall-Chef Hans-Jürgen Urban und VdK-Präsidentin Verena Bentele machten Gegenvorschläge.

„Wir werden länger und mehr arbeiten müssen“, sagte Wolf den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag). Schaue man sich die demografische Entwicklung und die Belastungen der Sozial- und Rentenkassen an, „dann sind die Reserven aufgebraucht“.

Der Sozialverband VdK kritisierte Wolfs Vorstoß als lebensfern. „Schon heute arbeitet nur eine Minderheit der 65-Jährigen in Vollzeit“, sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele in Berlin. Vor allem für jene, die in körperlich oder psychisch anstrengenden Berufen arbeiteten, bedeute Wolfs Vorschlag eine Rentenkürzung, denn sie schafften es schon heute kaum, bis zur Regelarbeitsgrenze zu arbeiten.

Auch der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft IG Bau, Robert Feiger, lehnte die Rente mit 70 ab. „Ein Großteil der Bauarbeiter ist mit Ende 50 körperlich am Ende und muss vorzeitig in Rente gehen“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montag). Die Metall-Arbeitgeber würden eine neue „Klasse der Altersarmut“ provozieren, warnte er: „Je schwerer einer schuftet, umso früher fällt er ins Rentenloch.“

VdK-Präsidentin Bentele schlug stattdessen vor, die Reserven der Rentenkassen zu stärken, indem alle in sie einzahlten - neben Angestellten auch Beamte, Selbstständige und Politiker. Sie verwies auf die Pensionskasse in Österreich, in die alle einzahlten. Neben mehr Beitragszahlern führe auch ein höherer Mindestlohn zu mehr Einnahmen des gesetzlichen Rentensystems.

Ebenso wie Bentele nannte auch Dietmar Bartsch, Fraktionschef der Linken im Bundestag, das österreichische Modell als mögliches Vorbild. In Österreich liege die durchschnittliche Rente um 800 Euro höher als in Deutschland und werde ab 65 Jahren ausgezahlt, sagte Bartsch dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“: „Was Österreich kann, muss auch Deutschland können.“

Bevor man die Lebensarbeitszeit verlängere, solle man sich zuvor die Arbeitszeiten und -bedingungen in Werkshallen und Büros anschauen, mahnte Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Gewerkschaft IG Metall, ebenfalls in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montag). Arbeitgeber könnten genug Möglichkeiten finden, die Arbeitsumstände so zu verbessern, dass mehr Beschäftigte gesund die derzeit gültige Regelaltersgrenze erreichten.

Derzeit steigt das Renteneintrittsalter stufenweise, ab dem Geburtsjahrgang 1964 liegt die Regelaltersgrenze bei 67 Jahren. Die Ampel-Koalition hat vereinbart, dass es darüber hinaus keine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters geben soll.