Berlin (epd). Die Kriegs-Propaganda des Kreml erreicht nach Einschätzung des russischen Wissenschaftlers Mikhail Polianski vom Leibnitz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung die älteren Generationen in Russland stärker als die Jugend. Man könne die russische Jugend durchaus als patriotisch bezeichnen, sagte Polianskii am Samstag im RBB-Inforadio. Damit sei jedoch in erster Linie gemeint, dass sie ihr eigenes Land liebten.
„Das bedeutet aber nicht automatisch, die Regierung, die in dieser Zeit in diesem Land regiert, auch zu lieben“, sagte Polianski. Das lasse sich an unterschiedlichen Aspekten erkennen: „Viele stimmen mit den Füßen ab und verlassen das Land“. Da es nicht leicht sei, in die EU zu kommen, wanderten viele zunächst in Drittstaaten aus und warteten dort auf ein EU-Visum.
Zudem meldeten sich weit weniger Menschen für den Militärdienst als erwartet. Bei der jüngsten Regierungskampagne sei mit 130.000 Freiwilligen gerechnet worden. Gemeldet hätten sich nur 83.000. „Ganz wenige wollen freiwillig in den Krieg ziehen“, sagte der Wissenschaftler, der selbst aus Russland ausgewandert ist.
Nur wenige junge Menschen engagierten sich auch in der Jugendorganisation „Molodaja Gwardija (Junge Garde)“ der Kreml-Partei „Einiges Russland“. Bei den Demonstrationen gegen den Krieg sei die Jugend in der Mehrzahl gewesen. Inzwischen gehe kaum noch jemand auf die Straße, weil jeder Protest massiv unterdrückt werde.
In der älteren Generation gebe es dagegen mehr Unterstützung für die Regierung, sagte Polianskii: „Aber ich will nicht die Hoffnung aufgeben und pauschal einschätzen, dass alle diesen Krieg unterstützen.“