Mittelmeer: "Geo Barents" rettet 71 Menschen in dramatischem Einsatz

Mittelmeer: "Geo Barents" rettet 71 Menschen in dramatischem Einsatz
Zahlreiche Vermisste, ein wiederbelebtes Baby, traumatisierte Überlebende: der jüngste Rettungseinsatz der "Geo Barents" zeigt deutlich, wie gefährlich die Überquerung des Mittelmeers für Flüchtlinge ist.

Frankfurt a.M. (epd). Nach einem dramatischen Rettungseinsatz der „Geo Barents“ im Mittelmeer werden 22 Menschen vermisst. 71 hätten an Bord genommen werden können, darunter mehrere Kinder, teilte die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ am Dienstag mit. Das Schlauchboot, in dem die Flüchtlinge nach Europa gelangen wollten, sei bereits kaputt und voller Wasser gewesen, als die „Geo Barents“ es erreichte, sagte das Crew-Mitglied Riccardo Gatti dem italienischen Sender Radio Radicale. Mehrere Menschen seien schon im Wasser gewesen, mindestens eine Leiche sei bereits abgetrieben worden.

Ein vier Monate altes Baby habe das medizinische Personal wiederbeleben können, sagte Gatti. Es sei inzwischen mit seiner Mutter mit einem Hubschrauber nach Malta gebracht worden. Eine Frau starb laut „Ärzte ohne Grenzen“ nach der Rettungsaktion auf der „Geo Barents“, zwei Frauen verloren ihre Kinder, eine junge Frau ihren Bruder. „Die Lage an Bord ist sehr schwierig, den Menschen geht es psychisch und körperlich schlecht.“ Sie seien traumatisiert, erschöpft und viele hätten Verbrennungen vom Treibstoff.

Im Mittelmeer gibt es keine staatlich organisierte Seenotrettungsmission. Lediglich die Schiffe privater Organisationen halten Ausschau nach in Not geratenen Flüchtlingen und Migranten. Immer wieder dauert es viele Tage, bis die italienischen Behörden den Rettungsschiffen einen Hafen zuweisen. Malta gibt seit Langem keine Erlaubnisse mehr.

Neben der „Geo Barents“ sind derzeit weitere private Rettungsteams auf dem Meer. Nach über einer Woche erhielt die „Sea-Watch 4“ der gleichnamigen Organisation am Dienstag die Erlaubnis, die 303 Geretteten an Bord in den sizilianischen Hafen von Empedocle zu bringen. Am Montag hatte eine weitere Person aus medizinischen Gründen evakuiert werden müssen. Mehrere Geflüchtete an Bord seien während der Evakuierung ins Wasser gesprungen, in der Hoffnung auf das Boot der italienischen Küstenwache und damit nach Italien zu gelangen.

Die vom Künstler Banksy unterstützte „Louise Michel“ konnte nach ebenfalls mehreren Tagen Wartezeit die 59 Geretteten an Bord nach Lampedusa bringen. Die „Ocean Viking“ der Organisation SOS Méditerranée hat nach mehreren Rettungseinsätzen 156 Männer, Frauen und Kinder an Bord, darunter ein Baby sowie einige schwangere Frauen.

Das Mittelmeer zählt zu den gefährlichsten Fluchtrouten der Welt. Vor allem aus Libyen, wo Flüchtlingen und Migranten Folter und anderen Menschenrechtsverletzungen drohen, wagen viele Schutzsuchende die Überfahrt. Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind seit Beginn dieses Jahres bislang 850 Menschen bei der Überfahrt ums Leben gekommen oder werden vermisst. Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen.